Romano Guardini Online Konkordanz
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sie auch in Zukunft wiederkehren werden, wie die Sterne, und daß die Anstrengungen der Menschen daran nichts ändern können.
Vor einiger Zeit war Gerta*1047 hier. Wir haben ein gutes Gespräch gehabt und, glaube ich, alles in Ordnung gebracht. Sie hat mir auch von Deinem Vortrag in Stuttgart erzählt. Es kam mir ganz überraschend, und ich habe mich sehr darüber gefreut. So wäre also nun das Eis gebrochen, und ich wünsche Dir noch manche schöne Fahrt!
Mit vielen herzlichen Grüßen, lieber Josef,
Dein Romano.


171.
Brief vom 06.03.1942, Berlin-Schlachtensee.
Berlin 6.3.42
Lieber Joseph
Hier schicke ich Dir den letzten Gebetstext von St. Canisius.*1048 Er ist zu lang und zu abstrakt. Manchmal ist es sehr schwer, den Übergang in die wirkliche Gebetsrede zu finden.
Heute morgen waren es 15° unter Null, am 6. März! Antike Menschen würden die Warnung empfinden, meinst Du nicht? Das Christentum hat, scheint mir, eine eigentümliche Wirkung gehabt. Es hat alles auf die eine Wirklichkeit des Lebendigen Gottes und die Entscheidung vor Christus hin gelenkt. Fiel die positiv aus, dann war alles gewonnen, fiel sie negativ, dann war auch verloren, was die religiöse Haltung des außerbiblischen Menschen an Deutekraft, Schaufähigkeit, Berührbarkeit usw. gehabt hatte. Es ist da wirklich um »Alles oder Nichts« gegangen, und der »Nihilismus« ist ein Phaenomen, das man sich näher gehen lassen müßte, als man es tut.
Hier ist viel Arbeit, mancherlei Mühseligkeit, manche seltsame Begegnung. Wenn man nur jünger wäre, und mehr Zukunft vor sich hätte. So rinnen die Tage und Kräfte weg, und man kann nicht mehr sagen: »morgen wird es« und »übermorgen werde ich.«

1047 Gerta Krabbel.
1048 In der Kirche St. Canisius in Berlin-Charlottenburg hielt Guardini »bald nach Beginn des Krieges« bis 1943 religiöse Abendvorträge mit Gebet; vgl. BL 113f.

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