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2. Ich habe in meiner Schrift gesagt, die mittelalterliche Vorstellung vom Kosmos sei zwar astronomisch widerlegt, existentiell aber noch richtig, denn sie entspreche dem Augenschein und habe dadurch symbolische Kraft. Münster bestreitet das, denn „die Annahme etwa von Sphären, welche die Gestirne tragen, und eines Empyreums“ sei „kaum viel anschaulicher als die Gravitation“. Zunächst muß bedacht werden, daß es vom Wesen der Sphäre gröbere und feinere Vorstellungen gibt. Jene sehen in ihr eine kompakte Kugelschale aus durchsichtiger Substanz, an welcher der betreffende Planet befestigt ist. Die Vorstellung verfeinert sich aber auch. In ihrer subtilsten Form, wie sie zum Beispiel in Dantes Göttlicher Komödie vorliegt, geht sie in die eines Bereiches über. Der Planet dehnt sich gleichsam in die Sphäre aus; so bildet diese eine Art Kraftfeld, das seine Bestimmung von einem Punkt her bekommt, welcher „Planet“ heißt. Der dritte Teil der Göttlichen Komödie ist ohne diese Vorstellung nicht zu verstehen, denn in ihr erscheinen die Sphären als die Existenzbereiche der ihnen zugeordneten Seelen, und der Weg des Wanderers führt durch sie hindurch. Daß aber solche Lichtbereiche ebensowenig anschaulich seien wie die abstrakten Verhältnisse der Gravitation, kann doch wohl nicht im Ernst behauptet werden – es handle sich denn um Persönlichkeiten, bei denen eine fachmäßige mathematische und naturwissenschaftliche Denkgewöhnung ihre Wirkung getan hat. Im übrigen empfindet auch der heutige Mensch die Erde als Mittelpunkt seiner Lebenswelt und ordnet das Übrige, soweit er es mit Augen sieht, um sie her. Er spricht vom Aufgehen und Untergehen der Sonne, von der Raumhöhe über der Erde; für sein Gefühl wirken die kosmischen Realitäten aus dem Weltraum in den irdischen Raum herein, während er von der Erde weg ins Weltall hinausdenkt und so weiter. Der Zufall will denn auch, daß im Augustheft 1951 des „Hochland“, nämlich in | ||
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