Romano Guardini Online Konkordanz
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oder aber sich dahin bringen läßt, sie für Gesichtspunkte rein weltlicher Art zu opfern - welche Gesichtspunkte zudem noch durchaus im Fluß sind und sich trotz aller doktrinären Behauptungen wieder ändern können.

Leben und Rhythmus
Um für die aktuellen Probleme eine Grundlage im Wesentlichen zu gewinnen, wollen wir uns zu Bewußtsein bringen, worin der religiöse Sinn des Sonntags liegt, und wie er sich im Gang der Heilsgeschichte entfaltet hat. Doch soll dieser Frage eine andere vorausgehen: ob nämlich dieser Sinn nicht schon im natürlichen Gang des Lebens selbst vorbereitet sei.
Das Lebendige entsteht nicht als etwas Fertiges, sondern als ein Keim, der dann im Laufe der Zeit durch spontane Entfaltung wie durch Einwirkung der Umwelt zu seiner charakteristischen Gestalt heranwächst. Dieses Wachstum geht aber nicht chaotisch vor sich, sondern folgt einem inneren Zeitgesetz, das sich in Wechsel und Wiederkehr der Vorgänge, daß heißt, im Rhythmus des Lebensgeschehens auswirkt. Die Grundlage dieses Rhythmus' bildet die Bewegung der Erde in ihrem Verhältnis zu jener der Sonne und des Mondes. Daraus geht eine - durch klimatische und sonstige Naturbedingungen mitbestimmte - Periodik der Intensitätsphasen von Licht und Wärme hervor, in welche der Vollzug des Lebens eingeordnet ist.
Der größte der von dieser Periodik umfaßten Rhythmen ist das Jahr: der Wandel also, den die Wirkung der Sonne von ihrem tiefsten Stand im Winter über den höchsten im Sommer zum wiederum tiefsten Stande durchmacht. Der kleinste ist der Tag- der Wandel, den die Intensität des Lichts und der Wärme von der Mitte der Nacht über die des Tages zur nächsten Nachtmitte erfährt. Dazwischen liegt ein dritter, der nicht durch die Sonne, sondern durch den Mond

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