Romano Guardini Online Konkordanz
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Fülle des Klanges. Er hört ihre mächtige und liebliche Fülle. Unendlich tönend kommt die Welt zu ihm herein. Auch in ihm selbst ersteht sie und verfaßt sich in Worte. Er kann sich ausdrücken, kann das Wort hinüberschicken, und die Brücke, die aus der inneren Welt in einem Menschen zu der im anderen führt, ist geschlagen.
Der Mann muß glückselig gewesen sein. Ihm muß zumute gewesen sein, als würde ihm Unendliches geschenkt - die ganze Welt. Aber das Größte, das, was den tiefsten Eindruck auf ihn gemacht hat, war doch wohl etwas anderes. Das Wehen des Sturmes und das Rauschen der Wellen hat ihm die Brust erfüllt; das Lied der Vögel und die kleinen Schritte der Kinder haben ihn entzückt; das hin- und hereilende, die geheimnisvolle Welt des Geistes aufbauende Wort hat ihn in eine unendlich webende Gemeinschaft aufgenommen - aber das Eigentliche war doch etwas anderes ... Was war es denn, das er, ganz in den Blick, der sich da auf ihn richtete, hineingesammelt, zuerst vernahm? Das Wort, die Stimme Jesu.
Vielleicht ist es ihm zuerst gar nicht so deutlich in das Bewußtsein gedrungen. Vielleicht ist er zuerst nur glücklich gewesen über die neue Fülle der Welt; unersättlich, zu hören und zu sprechen. Aber dann hat er gemerkt, daß da etwas Tieferes tönte, etwas anderes redete - jene Stimme, die damals als erstes in sein Ohr gedrungen war. Was gäben wir dafür, die Stimme Jesu zu hören! Er hat sie gehört, und sein Ohr war neu, wie ein Acker, der frisch gepflügt ist und die Saat in reiner Fruchtbarkeit aufnimmt. Unser Ohr ist verbraucht, stumpf - was aber stumpf macht, sind nicht die Laute der Natur, sondern die bösen und unnützen Laute der Menschen. All die lieblosen, schmutzigen, lügnerischen, zerstörerischen, gedankenlosen Worte - sie machen das Ohr stumpf. Seines war neu und fein und nahm, was es hörte, in lebendige Tiefe auf. Wahrlich, selig war dieses Ohr, das als ersten Laut die Stimme des Herrn aufnehmen durfte!
Die hat ihn sicher nicht mehr losgelassen. Er hat sie immerfort vernommen, und ist ihr nachgegangen. Der Glückliche

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