Romano Guardini Online Konkordanz
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trotz aller ausgebildeten gesetzhaften Religionsordnung, oder vielleicht gerade wegen ihrer. Und zur Zeit Jesu war das Bewußtsein besonders tief. Es bildete eine Grundstimmung, die überall lebendig war; wer an sie anknüpfte, konnte sicher sein, verstanden zu werden.
Johannes der Täufer tut es. Er ruft zur Umkehr und zur Heimkehr. Die Menschen sind ihm in der Ferne; im Verkehrten; sie sollen umwenden; hingehen zu Gott. Die aber überzeugt sind, sie seien im Rechten, nennt er "Natterngezücht" und stellt sie vor die Entscheidung, in sich zu gehen oder verloren zu sein.
Auch Jesus geht davon aus. Er anerkennt die Haltung und das Wort des Johannes. Eine tiefe Verbindung läuft von ihm zum Täufer. Eine hinter dem Greifbaren liegende Gemeinsamkeit, die in die Gründe des göttlichen Ratschlusses zurückweist. Jesus nimmt den Ausgang seines Werkes ebendort, wo ihn auch Johannes genommen hat. Besser sagen wir, er nimmt ihn in derselben Richtung; aber in unendlicher Tiefe. Er unterzieht sich der Taufe des Johannes und bestätigt sie so. Sie war aber Sündentaufe; Ausdruck dafür, daß es mit den Menschen nicht recht stehe. Die Worte des Täufers und die Jesu lassen erkennen, daß er sich selbst nicht darein einbegreift. Er nimmt aber die Taufe, "um alle Gerechtigkeit zu erfüllen" (Mt 3,15), das heißt, um die Ordnung anzuerkennen, die für den Menschen gilt; die Ordnung, daß er in der Verkehrtheit ist und umwenden muß.
Jesus beginnt mit dem gleichen Ruf, mit dem Johannes begonnen hat: Metanoeite (Mt 4,17). Das Wort bedeutet eine Änderung des Gesinntseins; der inneren, persönlichen Richtung. Und zwar der religiösen Richtung. Das Wort ist bereits in der griechischen Sprache des Alten Testaments so geprägt. Ein Abwenden vom Falschen, ein Hinwenden zum Richtigen, zu Gott.
Das nämliche Wort steht weisend am Beginn der Jünger-Predigt; dort, wo sie zum erstenmal von Jesus ausgesandt werden, seinen Willen und seine Botschaft in die Geschichte hinauszutragen

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