Romano Guardini Online Konkordanz
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von der Kirche erkannt hat, desto zögernder werden die Aussagen.
So ist denn auch dieses Buch, von dessen Werden das erste Kapitel spricht, nicht leicht entstanden, vielmehr langsam und stockend, und mehr als einmal hat der Verfasser sich gefragt, ob er die Arbeit nicht aufgeben solle, besonders wenn ihm zu Bewußtsein kam, wieviel im Anschluß an das Konzil über die Kirche gesagt werden müsse, und bereits gesagt zu werden beginnt. Er hat sich gefragt, ob das, was er vorbringen könne, nicht schon Vergangenheit sei und sich schlecht in die Gegenwart fügen werde, die mit so starkem Bewußtsein des Neuen an die Arbeit geht. Aber es ist aus langen Jahren des Erfahrens, Nachdenkens und - vielleicht darf der Gedanke wiederholt werden - der Liebe wie der Sorge herausgewachsen; so wird es wohl einen Dienst tun.
Als Ausblick auf die Aufgabe, die nach des Verfassers Meinung einem Buch über die Kirche nun gestellt ist - einem unter anderen natürlich; denn angesichts so großer Aufgaben muß es viele Versuche geben, sie zu lösen, aber einer müßte doch, scheint mir, einen bestimmten Charakter ausdrücken, und zwar das Umfassende in der Einheit der Kirche, das Spannungsvoll-Vielfache und doch immer sich selbst Gleiche, das, was eben mit dem Namen »katholisch« gemeint ist.
Als Ausblick auf diesen Charakter bietet sich dem Nachsinnen die Vielheit der Bilder dar, unter denen das Neue Testament - und, vorausahnend, das Alte - die Kirche sieht.
Da ist ein Bild, das heute, wie es scheint, die Führung des Nachdenkens übernimmt: das Bild vom Volk Gottes. Wunderbar lebendig, voll Bewegung und unmittelbar etwas ausdrückend, was dem Denken unserer Zeit besonders wichtig ist, nämlich das Moment des Geschichtlichen, das Bestehen und Wirken in der Zeit, das Wandern und Kämpfen - darüber dürfte aber das andere Bild nicht vergessen werden, das der Herr selbst in das christliche Denken gestellt hat,

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