Romano Guardini Online Konkordanz
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Professur und Lehrtätigkeit

I.
Ich bin nun seit eineinhalb Jahren hier, in Mooshausen, einem kleinen Dorfe im schwäbischen Allgäu. In dieser Zeit ist das Heimweh nach der akademischen Lehrtätigkeit, mit der ich abgeschlossen zu haben glaubte, wieder sehr gewachsen. Im Frühjahr 1939 wurde der Lehrstuhl aufgehoben – vor etwa einem halben Jahre habe ich in Stuttgart, eingeladen von der dortigen Hölderlin-Gesellschaft, in einem Hörsaal der technischen Hochschule einen Vortrag über »Die Landschaft in Hölderlins Dichtung« gehalten. Eigentlich war es das einzige Mal, daß ich mich seitdem ganz an meinem Platz gefühlt habe. Niemand weiß, was die Zukunft bringt: wer weiß, vielleicht werde ich doch noch einmal gerufen ...
Als ich gestern überlegte, womit ich diese »Berichte« anfangen solle, dachte ich, zuerst müsse ich erzählen, wie mein Weg zur Universität und dann durch ihre Welt hin gegangen ist. Das entspricht sicher nicht einer guten historischen Methode; es sagt aber wahrscheinlich etwas über die Schichtung der geistigen Motive in meinem Leben, daß dieses sich zuerst zu Wort meldete.
Wann der Gedanke an die akademische Lehrtätigkeit in meinem Leben zum ersten Mal auftauchte, kann ich nicht mehr sagen; jedenfalls nicht, bevor ich zur Theologie kam, denn bis dahin war alles ganz verworren. Wahrscheinlich ist es geschehen, als ich nach neunsemestrigem Universitätsstudium, von welchem vier der Theologie gewidmet waren, ins Mainzer Priesterseminar eintrat. Im allgemeinen kamen die Theologen unmittelbar aus dem Knabenkonvikt dorthin. Nur selten hatte einer, und sei es ganz kurz, die Universität besucht. So erschien

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