Romano Guardini Online Konkordanz
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Einsamkeit, im Warten, denn „gut ist's, schweigend auf das Heil des Herrn zu harten”...
Was sollen wir tun? Diese Briefe sollen ja nicht bloß zum Denken anregen, sondern auch zum Schaffen helfen. Suchen wir also eine Stelle, wo wir ansetzen können: Wir wollen wieder lernen, den Sonntag recht zu leben. „Gedenke, daß Du den Sabbat heiligest” - was heißt das? Immer wieder kommt im Alten Testament das Gebot. Mit einer geradezu furchtbaren Strenge hat Gott es eingeschärft: Gesteinigt wurde, wer den Sabbat brach. Bis das Gebot dem jüdischen Volk so in Fleisch und Blut übergegangen war, daß es noch heute nach Jahrtausenden lebendig ist. Was will das Gebot? Am Sonntag sollen wir frei sein, und sollen ruhen. Frei von der Arbeit sollen wir sein. „Im Schweiß Deines Angesichtes sollst Du Dein Brot essen”, hat einst der Herr gesagt. Und der heilige Paulus: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.” Gewiß sollen wir unsere Arbeit gern tun, aber die moderne Vergötterung der Arbeit trügt. Auf jeder Arbeit, auch der höchsten, liegt der Fluch, die Strafe. Nicht für die Arbeit, wie wir sie heute tun müssen, war der Mensch gemacht. Er war für das freie, fruchtbare Schaffen des Paradieses bestimmt. An unserer Arbeit aber klebt das Zeichen der Knechtschaft. „Dornen und Disteln” trägt sie, den Fluch innerer Unfruchtbarkeit; den spürt jeder in irgendeiner Weise, sobald er den Rausch des Schaffens und den Lärm der Erfolge nicht mehr so ernst nimmt. Aber wir müssen sie tun, es ist unsere Pflicht, und sollen nicht essen dürfen, wenn wir sie nicht tun. Wer ißt, und arbeitet nicht, in irgendeiner Weise, der stiehlt. Von diesem Gesetz aber sind wir am Sonntag frei.

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