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nur in den nächsten Osten hinüberzublicken, um zu sehen, wie es geradezu ein Zeichen gewahrter Menschenwürde ist, in Freiheit mit Büchern umgehen zu dürfen. So haben wir wohl Anlaß, ein wenig darüber nachzudenken, was uns in ihnen gewährt ist, und was wir vielleicht noch nicht nach Gebühr gewürdigt haben. München, Herbst 1951 Meine Freunde! I. Liebt Ihr das Buch? Die Frage muß ich an den Anfang stellen, denn nur an solche, die das tun, ist diese Rede gerichtet. Andere würden sie vielleicht als töricht, sicher aber als überflüssig empfinden. Doch wollen wir nichts ins Ungefähre gehen lassen; so müssen wir uns noch genauer darüber verständigen, was das Wort „lieben“ hier meint. Nicht nur, dass einer gern im Buche Vergnügen oder Zerstreuung sucht. Auch nicht, daß es ihm eine unentbehrliche Quelle der Erkenntnis ist, oder eine Schatzkammer, aus welcher ihm Tiefsinn und Schönheit entgegenleuchten. Das alles wäre schon Liebe, und keine geringe. Doch würde sie sozusagen durch das Buch hindurchgehen. Wie sie hier gemeint ist, richtet die Liebe sich aber auf das Buch selbst und als solches. Wer dieses liebt, nimmt das Ding, das so heißt, auf Papier gedruckt und in Leinwand oder Leder oder Pergament gebunden, mit dem Gefühl einer stillen Vertrautheit in die Hand. Er empfindet es wie ein Geschöpf, das man in Ehren hält und pflegt, und an dessen Leibhaftigkeit man sich freut. Es ist ihm nicht nur Mittel zu einem Zweck und sei es der geistigste, sondern | ||
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