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Was endlich mein eigenes religiöses Leben betrifft, so hat das bis tief in mein Universitätsstudium unter einem Druck gestanden. Ich war immer ängstlich und lange Jahre hindurch sehr skrupulös. Das ist für einen jungen Menschen im Grunde schlimmer als Leichtsinn; denn Leichtsinn ist wenigstens Leben, die Selbstquälerei des ängstlichen Gewissens aber zerstört. Helfen kann hier eigentlich nur ein anderer, der sieht, worum es geht; einen solchen traf ich aber nicht. Hinzu kam eine Neigung zur Schwermut, die später akut werden sollte, mir aber immer zu schaffen gemacht hat. Das alles hätte nun zu einem intensiven Innenleben voll starker Erfahrungen führen können; auch das ist aber nicht geschehen. Wenn ich zurückblicke, ist die ganze Zeit bis zur Universität wie verhüllt. Auch von den frühen Kindheitserinnerungen, die den Anfang aller Biographien zu reizvoll machen, begegnet mir nichts. Natürlich will ich damit nicht sagen, jene Jahre seien leer gewesen. Was sich später entfaltete, muß ja seine Wurzeln gehabt haben. Aber alles liegt wie unter Wasser. Das Gefühl der glücklichen Kindheit und den Wunsch, in sie zurückzukehren, habe ich nie gehabt. Ich möchte in meine Kindheit nicht zurückkehren. Dabei haben aber, das will ich noch einmal hinzufügen, die Eltern uns sehr geliebt, und wir sie ebenfalls; und wir vier Brüder waren trotz aller Gegensätze, Spannungen und Streitigkeiten miteinander sehr verbunden und sind es bis zur Stunde geblieben. II. Das war eine lange Einleitung zum folgenden Bericht, aber sie war notwendig, weil erst sie manches Seltsame verständlich macht, das in ihm zu sagen sein wird. Vor allem, daß ich, als die Zeit der Reifeprüfung herankam und der Beruf gewählt werden sollte, einfach nicht wußte, was tun. Aber das ist noch nicht genug gesagt; ich wußte im Grunde genommen nicht, was man tun könne. Da aber mein | ||
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