Romano Guardini Online Konkordanz
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Der nachfolgenden Erörterung muß etwas vorausgeschickt werden. Die voraufgehenden Untersuchungen hatten eine gradlinige Gedankenführung. Sie setzten an dem für fruchtbar angesehenen Ausgangspunkt an und gingen Schritt um Schritt weiter. Die Frage, die uns hier beschäftigt, fordert einen anderen Untersuchungsweg. Das Problem ist ein dialektisches, das heißt, es muß von mehreren Punkten zugleich angefaßt werden. Das kommt denn auch in der Gedankenführung zum Ausdruck.
Abschnitt II versucht anzudeuten, wie sich das Problem des Geistes rein philosophisch darstellt beziehungsweise wie der Denkversuch sich auf diesem Wege verfängt. Dann bleibt die Frage liegen. III bestimmt den Standort, von dem aus in Wahrheit die Frage angefaßt werden muß, und stellt die These auf, das könne nur durch eine bestimmte Beziehung von Offenbarung und Erfahrung, von Glaube und natürlichem Denken geschehen. IV sucht den Tatbestand des Geistigen in der Erfahrung. V den als notwendig erkannten Ausgangspunkt im Glauben. VI geht den so vorbereiteten Weg.
Es ist dem Leser also zugemutet, daß er das betreffende Stück der Untersuchung mitdenke; daß er dann abbreche und das nächste Stück mitvollziehe, jedoch das Ergebnis der vorausgehenden Teile im Sinn behalte; und so schließlich aus einem vielfach gefügten Gesamtansatz her die letzte Strecke zurücklege.
Wenn es wahr ist, daß man nicht nur geht, um an das Ziel zu kommen, sondern das Ergebnis bereits mit in der Bewegung auf das Ziel hin liegt, dann ist der Vollzug dieser dialektisch gefügten Denkbewegung nicht nur Voraussetzung des Ergebnisses, sondern in etwa schon das Ergebnis selbst.

II.
Der Begriff des Geistes, wie er aus dem täglichen und auch dem philosophischen Sprechen hervortritt, ist sehr vieldeutig *1.

*1 Siehe dazu etwa R. Hildebrand, Geist; Halle 1926, aus dem Grimmschen Wörterbuch, IV. Band abgedruckt.

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