Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 100> 


28.
Brief vom 30.06.1913, Freiburg.
30. VI. 13.
Lieber Josef, mein liebster Freund,
wie gehen Deine Sorgen mir so nah! mit ganzem Herzen bin ich bei Dir und bleibe auch bei Dir. Aber ich bitte Dich herzlich, bleib tapfer, gelt? Sieh, mein liebster Freund, Du gehst einen außergewöhnlichen, gar hohen Weg, und nun mußt Du fühlen, wie einsam und schwer er ist. Aber ich meine, jetzt muß die heilige und reine Freundschaft, die so tief in Gott verwurzelt ist, auch ihre ganze Kraft entfalten, nicht wahr? Jetzt muß sie inne werden, daß ihr ja in dem, was ihr Wesen ausmacht, gar niemand etwas anhaben kann; jetzt muß sie ihre ganze Kraft aufrufen und sich ganz in Gott verankern und einen Kreis um sich ziehen und sich in ihrem Innersten nicht angreifen lassen. Könnt' ich nur bei Dir sein! Ich habe Dich so von Herzen lieb, aber nun tu auch mir die Liebe und bleib tapfer, halt in Gott Dein Innerstes frei, niemand kann Dir da etwas zerstören, niemand. Sieh, ich gebe Dir Deinen Spruch zurück, den Du Deinen Kindern so oft gesagt hast, und der mir auch so lieb geworden ist: Gott im Herzen und das Herz bei Gott - und nichts von der schlimmen Rede, daß er Dich verlassen habe. Er hat Dich lieb; heut habe ich mit Dir den Kreuzweg gebetet, - er ist ganz nah bei Dir! Nicht wahr, nun beweisest Du, wie echt und stark der Spruch ist?
Behüt Dich Gott, mein lieber Josef, immerfort bin ich bei Dir. Heut die hl. Messe war auch für Dich und Dein Mütterlein. Heut schreibe ich ihr. - Komm recht bald, schreibe mir vorher, damit ich alles richten kann.
Dein Romano.


 < Seite 100>