Romano Guardini Online Konkordanz
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Wissen des Menschen um sich selbst gegeben. Scharfe Blicke ins eigene Wesen sind getan, helle Worte sind gesprochen worden und haben tiefe Zusammenhänge geöffnet. Und doch, vergleiche Ich die Haltung im Gesamtbild jener vergangenen Kultur mit der unseren; vergleiche ich etwa die geistige Haltung, wie ich sie hier in Italien immer noch lebendig antreffe, mit der durchschnittlichen Haltung im heutigen Deutschland, dann springt mich eine ungeheuere Bewußtheit an.
Mache Dir einmal klar, wie weit die reicht. Ich nenne lauter bekannte Dinge; aber mache Dir klar, was sie zusammengenommen bedeuten.
Denk' an unser geschichtliches Wissen. Stück um Stück unserer Vergangenheit wird heraufgehoben. Mit immer schärferen Methoden werden die Spuren vergangener Zeiten festgestellt. Mit immer feineren Werkzeugen werden die Zusammenhänge herausgeholt, Erscheinung an Erscheinung geknüpft. Immer stärker empfinden wir die Tragweite von Vorgängen, Worten und Gebärden; die offenbarende Bedeutung von Sitten; von künstlerischen und technischen Überresten. Immer voller tritt uns die Vergangenheit des Menschengeschlechtes in der Fülle ihrer Einzelheiten und seiner Zusammenhänge ins Bewußtsein. Uns selbst ordnen wir immer wissender in diesen Zusammenhang ein; uns in unsere Zeit und unsere Zeit in den Gesamtzug der Zeiten.
Der Raum, in dem wir stehen, wird uns immer klarer gegenwärtig. Land um Land ist durchforscht. In diesen Jahren z.B. tritt uns Asien mit seinem geschichtlichen Zusammenhang ins Bewußtsein. Der Nordpol, vor kurzem noch eine mythische Größe, ist erreicht. Der Gaurisankar wird bestiegen. Wo für den Inder in unzugänglicher Höhe der Thron der Götter stand, werden Ingenieur und Offizier ihre geographischen Eintragungen machen. Unsere Erde wird in den astronomischen Zusammenhang eingeordnet. Ich rede hier nicht nur

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