Romano Guardini Online Konkordanz
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Übrige in der Welt. Im Innersten allem fremd, Gott allein verwandt.
Und doch hat die Seele wiederum eine Verwandtschaft mit allen Dingen. Bei allen fühlt sie sich irgendwie zu Hause. Alles spricht zu ihr, jede Gestalt, jede Bewegung und Gebärde. Und rastlos sucht sie darin sich selbst auszusprechen; es zum Sinnbild ihres eigenen Lebens zu machen. Wo immer sie einer starken Gestalt begegnet, fühlt sie darin etwas vom eigenen Wesen offenbart.
Hier liegt der Grund zu allem Gleichniswesen. Jedem Ding zuinnerst fremd, spricht die Seele zu ihm: Das bin ich nicht. Und wieder allem geheimnisvoll verwandt, empfindet sie Dinge und Geschehnisse als Bilder ihres eigenen Seins.
Da ist ein Gleichnis, schön und stark vor vielen: die Kerze - gewiß hast du es schon empfunden.
Sieh, wie sie auf dem Leuchter steht. Breit und schwer ruht dessen Fuß; sicher ragt der Schaft; eng vom Kelch umschlossen und vom weit ausladenden Blatt unterfangen, steigt die Kerze auf. Leise verjüngt sich ihre Gestalt; fest geformt, so hoch sie auch ragt. So steht sie im Raum, schlank, in unberührter Reine, und doch warm getönt ihre Farbe; herausgehoben durch ihre klare Form aus aller Vermischung.

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