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Bewegung befindliches Wesen, wie der Mensch, verschiedene Aspekte bieten muß, ist begreiflich - aber Widersprüche, und so sprengende, wie der genannte? So konnte ich nur zum gleichen Ergebnis kommen, wie Pascal, wenn er in seinen Pensées sagt, die Lehre der Offenbarung von der Urschuld und der durch sie im Menschenwesen angerichteten Verwirrung sei durch die Vernunft nicht zu verstehen; ohne sie würde aber das menschliche Dasein noch viel unverständlicher sein. Denn die Verwirrung ist ja nicht nur ins Handeln und Sich-Verhalten, sondern auch in das Denken selbst gegangen. Dafür scheint mir auch die neueste Kunst aufschlußreich zu sein. Sie scheint zu zeigen, daß der Mensch an sich irre wird. Nicht nur - wie etwa in der Malerei von George Grosz - das Böse im Menschen sieht, die kalte Grausamkeit, den Verlust echter Maßstäbe, sondern daß er den Menschen überhaupt aus dem Blick verliert. Immer hat es die Karikatur gegeben, die den Menschen durch Entstellung charakterisiert; ebenso wie den Versuch, ihn, z. B. in den Bildern der Heiligen, von seinen Gipfelungen her zu deuten - jene Künstler nicht zu vergessen, die, wie ein Goya, den Menschen dort zeigen, wo er vom Dämonischen erfaßt wird. Wenn aber ein Picasso sein Gesicht auseinandernimmt und die Teile so zusammenschiebt, daß nicht nur ein in seiner Schrecklichkeit enthüllter Mensch, sondern ein ganz anderes Wesen entsteht - was ist das? Oder wenn er das Verhältnis von Kopf und Körper, Hand und Arm so verändert, daß man meint, eine Bestie der Urzeit zu sehen? Das ist eine Antwort auf die Frage nach dem Menschen, die nicht nur von den Entstellungen des Gottebenbildes redet, sondern es ganz zerstört. Was ein Mann wie Picasso da in großer Form tut, mit Mitteln, die mit ihrer Heftigkeit und ihrer künstlerischen Qualität immer wieder erregen, kehrt in alltäglicher, ja ordinärer Weise in Figuren wieder, mit denen Kino, Zeitung, Reklame, sogar Kinderbücher vom Menschen reden. | ||
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