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Was bedeutet es also, frei zu sein? Wann bin ich frei? Dann, wenn ich in meinem Lande gehen kann, wohin ich will; tun, was ich für richtig halte; mein Leben gestalten, wie es mir entspricht. Wenn ich sein kann, wie ich bin, und niemand mich daran hindern darf, weder ein Vorgesetzter noch eine soziale Gruppe, weder ein Einzelner noch der Staat - deshalb, weil ich kein bloßes biologisches Individuum, sondern Person bin, die in Verantwortung und Würde sich selbst besitzt. Sofort meldet sich ein Einspruch: Das gilt nicht einfachhin! Du kannst nicht tun, was dir beliebt, wenn dadurch Andere zu Schaden kommen; kannst nicht dein Leben nach deiner Weise einrichten, wenn sie die allgemeine Ordnung stört. Also müssen wir genauer sprechen: ich bin frei, wenn ich ungehindert tun kann, was zu meinem Menschenwesen gehört, soweit ich damit nicht das gleiche Recht des Anderen verletze. Dabei werden im Einzelfall Fragen und Schwierigkeiten genug entstehen; im Grunde ist der Gedanke klar. Auf seiner immer reineren Verwirklichung beruht unsere abendländische Existenz, die Größe und Wertfülle unserer mehr als dreitausendjährigen Geschichte. Man könnte diese Geschichte von dem Verhältnis her darstellen, das der abendländische Mensch zur Freiheit gewonnen hat. Die Freiheit verwirklicht sich nicht von selbst, sondern muß gewollt werden. Sie ist grundgelegt in der natürlichen Veranlagung, gereift durch die Geschichte, gewährleistet durch die Ordnung der Gesellschaft - ist aber auch jedes Einzelnen Aufgabe und Werk. Es gibt keine passive Freiheit. Nicht im Sinn des persönlichen Seins, denn sie ist Ausdruck des Geistes, und der beweist sich durch den lebendigen Akt; nicht im Sinne äußerer Ordnung, denn auch die freieste Verfassung, die nicht gelebt und geleistet wird, zerfällt. Aber wir wollen die allgemeinen Erwägungen lassen und sehen, daß wir an die Wirklichkeit herankommen, an die Stellen, wo Freiheit real wird. Denn - lassen Sie mich noch | ||
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