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damit sie nicht hören mit ihren Ohren, noch verstehen mit dem Herzen und umkehren, und ich sie heile« (Mt 13,13–15). Damit ist aber die ganze Initiative in Gott gesetzt, und der Mensch muß sie hinnehmen ... Das alles heißt: Hier ist ein Ganzes, das bald von der Seite der Allwirksamkeit Gottes, bald von der Seite der Freiheit des Menschen her gesehen wird. Beide Gesichtspunkte sind richtig: es ist aber nicht möglich, sie denkend auf eine Einheit zu bringen, da diese im Geheimnis Gottes liegt. Zum selben Ergebnis kommen wir, wenn wir das Problem theoretisch betrachten. Eine zur Erörterung gestellte schwierige mathematische Frage wurde einmal von einem genialen Manne so gelöst, daß er zeigte, warum sie nicht lösbar sei. Hier haben wir das Verhältnis in seiner absoluten Form. Man kann die Frage, wie die beiden Prinzipien der Allwirksamkeit Gottes und der Freiheit des Menschen zueinander stehen, theoretisch nicht lösen, weil man dazu »die beiden Größen« auf einen Nenner bringen müßte, es einen solchen aber nicht gibt. Vielmehr müssen wir jeweils dort einsetzen, wo das eine und wieder das andere Prinzip evident wird, und beides anerkennen. Gott ist wirklich der Allwissende und Allwirkende, denn das liegt in seinem ewigen Wesen; der Mensch ist wirklich frei und verantwortlich, denn so ist sein ihm von Gott gegebenes Wesen. Das Ganze des Daseins hat also, um ein Bild zu brauchen, für unser Denken nicht einen, sondern zwei Mittelpunkte; es ist kein Kreis, sondern eine Ellipse. Hinter diesen beiden Punkten geht es auf ein Letztes zu, das uns aber unerreichbar ist. Sobald wir die Frage theoretisch auszutragen suchen, lösen wir entweder die Freiheit des Menschen auf und kommen zum Fatalismus, oder die Allwirksamkeit Gottes und kommen zu einem bloß zuschauenden Gott wie im Deismus. In beiden Fällen ist die lebendige Wahrheit zerstört. Wir haben hier also eine jener Fragen, die nicht da sind, um gelöst, sondern um getragen und gelebt zu werden. Kommt nur darauf an, in welchem Geiste sie getragen und gelebt wird – und das hängt davon ab, ob man sieht, wo der letzte Sinn der | ||
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