Romano Guardini Online Konkordanz
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»Unglauben« abtun? Und nun, seit einiger Zeit, den offenen Versuch, darauf die Existenz des Menschen aufzubauen? -
G. Krabbel hat mir wieder über Dein Buch geschrieben.*956 Sie sagt, der Verlag gebe sich sehr große Mühe, was besonders in dieser Zeit hoch anzurechnen ist; er müsse aber, um für Weihnachten den notwendigen Absatz sicher zu haben, das vollständige Manuskript zum 1. Nov. haben. Wirst Du bis dahin fertig sein? Mit der Durchsicht und mit den noch fehlenden Stücken?
Die Bedingungen sind ja recht günstig, nicht? 15% - allerdings weiß ich nicht, ob für das gebundene oder broschierte Exemplar.
Es wird eine gute Sache werden. -
Eigentlich hätte ich gestern früh abfahren wollen, und wäre nun schon in Berlin. Aber mir ging es plötzlich nicht gut; so habe ich verschieben müssen. Hoffentlich bin ich übermorgen so weit. Aus meinem Zusammentreffen mit Frau Kempner in Portofino ist nichts geworden. Sie hat sich nicht entschließen können, in dieser Zeitlage so weit von Hause wegzugehen. Nun schreibt sie von ihrer Absicht, einige Zeit in ein Sanatorium zu gehen, nach Dresden.*957 Das könnte sehr gut sein. Hoffentlich tut sie es.
Hier war einiges Schöne und viel Schweres. Ich habe Dir ja schon manches darüber gesagt. Ansätze in der psychologischen Situation einer Familie wirken sich aus, unaufhaltbar. Man kommt auf ganz fatalistische Gedanken. Kann man überhaupt etwas am Ansatz ändern? Hier ist eine Zerstörung im Gange, die geht weiter. Jedesmal, wenn ich herkam, glaubte ich etwas ändern, den Gang herumdrängen zu können. Nun habe ich ganz resigniert. Alles geht seinen Weg. Aber es ist bitter zu sehen, wie aus all den Möglichkeiten, aus denen etwas Glückliches hätte hervorgehen können, nichts kommt.
Wie geht es mit den Arbeiten im Haus? Kommen sie voran? Ihr habt sie doch nicht aufgegeben? Laß keine Möglichkeit fallen, Joseph, den Zustand Deines Lebens freundlicher zu gestalten. Es vergeht alles so rasch; ein Viertel- oder Halbjahr ist viel. -
Wie wird es im Winter politisch gehen? Ich gehe gerade nicht mit Behagen nach Berlin zurück? Und in Spanien!*958 Aber nichts wird
956 Die nächste in Frage kommende Monographie Weigers trägt den Titel: Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Geistliche Erwägungen, Münster (Regensbergsche Verlagsbuchhandlung) 1935.
957 Das berühmte Sanatorium auf dem »Weißen Hirsch« in Dresden, in dem auch Guardini 1924 weilte; vgl. Br. 97.
958 Am 14. April 1931 wurde - nach der Flucht des spanischen Königs Alfons XIII. - die Zweite spanische Republik ausgerufen, deren erste Regierung aus Kommunisten, Sozialisten und Anarchisten laizistisch orientiert war. Der Regierungschef Azana stellte fest, daß Spanien aufgehört habe, katholisch zu sein. Für religiöse Orden wurde ein Lehrverbot erlassen; der Jesuitenorden wurde für illegal erklärt. Radikaler Antiklerikalismus äußerte sich in Übergriffen, z.B. in der »Nacht der brennenden Konvente«.

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