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Ganz abgesehen davon, daß er nicht mehr produktiv sei, die Allgemeinheit belaste und daher beseitigt werden müsse? Diese Gefühle haben nun freilich, wie alle gefühlsmäßigen Stellungnahmen, ihren Gegenpol, und zwar liegt der beim alten Menschen selbst, wenn er in falscher Weise alt geworden ist. Dann hat er einen Groll gegen das Leben, das ihm selbst entgleitet; neidet der Jugend ihr Jungsein, ihre Zukunft, ihr Planen und Hoffen und sucht es ihr zu verleiden - sei es auch nur dadurch, daß er alles Neue verwirft und alles Alte verklärt. In glaubwürdiger Weise über das Alter zu sprechen, ist demnach nicht leicht. Es setzt voraus, daß man selbst in der Alterserfahrung stehe; aber auch, daß man die Neigung erkannt habe, welche zum Groll gegen das Leben, zum Neid gegen die Jugend, zum Ressentiment gegen das Neue treibt, und wenigstens versuche, damit fertig zu werden. Wer also den Versuch unternimmt, etwas über den Sinn des Alters zu sagen, erhebt damit in etwa den Anspruch, etwas von alledem getan zu haben, und das ist natürlich eine heikle Sache. Auf jeden Fall sollte aber dieser Sachverhalt wenigstens zur Sprache gebracht werden, damit der Raum sich kläre. Und die Zeit, die darauf verwendet wurde, war auch nicht verloren, denn das Gesagte hat uns bereits mitten in das Problem hineingeführt. Es ist nämlich deutlich geworden, daß Altwerden nicht einfach heißt, irgendeine Anzahl von Jahren überschritten zu haben oder mit seinen Körperkräften in einem bestimmten Zustand zu sein, sondern daß es ein richtiges und ein falsches Altwerden gibt. Und daß die Stellungnahme des jüngeren Menschen zum Alter mit davon abhängt, wie dieses selbst sich versteht und lebt. II. So muß nun als Erstes und Entscheidendes gesagt werden, was überhaupt die Grundlage aller Lebensweisheit ist: daß in der richtigen Weise nur alt wird, wer das Altwerden innerlich annimmt. | ||
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