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Du hast meinen letzten Brief erhalten? Ist Dir meine Bitte nicht recht gewesen? - Ich sorge mich ein wenig, daß die Osterzeit Dir stark zugesetzt hat. Wie gehts? - Was macht der Verkauf?*185 Abgeschlossen? Es sind doch keine Schwierigkeiten entstanden? - Wie ists mit der Jesuiten-Vertrags-Angelegenheit gegangen? - Vielleicht findest Du oder Dein Mütterlein Zeit zu einigen Zeilen. Wie gehts ihr? Hält die Gesundheit? Und: was macht die Sanatogenkur?!!*186 Bitte recht sehr auch eine Antwort hierauf! Zu Hause - ich kam vorgestern Nachmittag zurück - habe ichs ganz gut angetroffen. Vaters und Bruders Gesundheit geht besser. Allerlei ist ja immer da, das weniger schön ist. Aber ich bin dankbar, daß das Geschäft in gutem Geleise ist; das bringt dann auch wieder gute Folgen für die übrigen Verhältnisse. - Heute lese ich, ich weiß selbst nicht, ob mit Mißbehagen, oder Genugtuung, mehr mit ersterem, daß ein Russe ein Buch zur wissenschaftlichen Grundlegung der Charakterlehre geschrieben hat.*187 Ich bin ja darauf gefaßt, daß uns die Sache vorweggenommen wird, denn diese Gedanken liegen in der Luft; aber es ist doch nicht gerade erfreulich. - Nun habe ich wieder mit meinem Exzerpieren*188 angefangen. Wenn irgend möglich, müßte ich bis Herbst mit dem Materialsammeln fertig werden. Ich will sehen, wie es geht. - Nun möchte ich Dir noch einen Gedanken zur Prüfung vorlegen, der mir letzthin kam, und starken Eindruck auf mich machte. Er ist eigentlich vorwiegend praktischer Natur, wenn auch seine Wurzeln philosophisch-dogmatische sind. Wir betonen stets, daß wir vor Gott nichts sind, und daß es von Gott reine Erbarmung ist, wenn er uns seine Gnade, die Kindschaft ... schenkt. Das ist unbedingt wahr und nicht diskutierbar, die hl. Schrift sagt es auf Schritt und Tritt. Aber vielleicht kann man daneben und in Unterordnung dazu auch Gottes Verhältnis zu uns unter einem anderen Gesichtspunkt fassen: Gott hatte eine so hohe Meinung von uns, ein solches Vertrauen zu uns, daß er uns seine Gnade, die Gotteskindschaft, die Geschwisterschaft zu seinem Sohne, die Freundschaft mit dem hl. Geiste in die Hand legte, und uns für fähig hält, daß wir das Allerhöchste würdigen, hüten, heilig halten, nützen. Und auf dies Vertrauen Gottes muß dann unsere Treue und unser höchstes Einsetzen aller Kräfte antworten. 185 Die Aumühle der Knoepflers mußte verkauft werden, was 1916 stattfand. 186 Vgl. Br. 20. 187 Nicht ermittelt. 188 Auswertung der Quellen für die Dissertation über Bonaventura. | ||
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