Romano Guardini Online Konkordanz
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Das aber bedeutet, daß der Zweifel vor allem nicht unter einer noëtischen Kategorie stand - ebensowenig wie der Glaube selbst -, sondern unter der Kategorie heiliger Existenz; damit des Heilig-zu-Hütenden, des Heilig-Gebotenen, dessen, was geistlich recht und unrecht ist. Man stand also dem Glaubenszweifel in jener Haltung gegenüber, wie man ihm, wesenhaft gesehen, tatsächlich gegenüberstehen soll: man diskutierte ihn nicht, sondern bekämpfte ihn. Denn wie echter Glaube nicht widerlegt werden kann, sondern nur sterben, so kann der Glaubenszweifel im Grunde nicht diskutierend gelöst, sondern nur lebend, handelnd, opfernd überwunden werden. Damit geht es aber um Lebensnotwehr, nicht um theoretische Erörterung.
In der Neuzeit wandelt sich die Lage. Das gesamte Leben tritt in die Reflexion, auch das Leben des Glaubens. Nicht nur die Inhalte des Lebens, sondern das Leben selbst, sein Vollzug, sein Umfeld, seine Voraussetzungen werden betrachtet. Und zwar, was hier entscheidet, nicht konstruktiv betrachtet, sondern kritisch. Mit der Frage also: Wie ist das zusammengesetzt? Warum und woher ist es so? Wovon hängt es ab? Und hinter allem die Frage: Rechtfertigt dieser Lebensvorgang, also etwa diese Stellungnahme oder diese Überzeugung, den Anspruch, den sie macht, der Diskussion entzogen zu sein? Ein Erstes, eine Grundlage zu sein, die respektiert werden müsse? Oder ist sie selbst irgendwie "Funktion" von Anderem? Folge, Resultante, Ausdruck, Mittel zum Zweck - was alles denn auch kein größeres Gewicht beanspruchen dürfte, als eben einer "Funktion" zukommt? Das ist die eigentlich kritische Frage und Geisteshaltung: die der Reflexion.

II.
In den Reden des Buddha kehrt folgende Anweisung immer wieder: Aufmerksam soll der Mönch neben all dem wachen, was er lebt: neben seinen Erfahrungen, neben seinen Gefühlen,

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