![]() | Treffernummer: |
| < | Seite 80 | > |
Für die Bewohner jener Welten ist also alles anders geworden: die Irrtümer sind zergangen, die falschen Wertungen richtiggestellt, die Ordnungen offenbar geworden. So sollte man erwarten, daß die Welt asketisch oder ekstatisch entwirklicht würde. In Wahrheit ist es anders. Die Welt wird nicht preisgegeben, sondern aufrechterhalten. *2 Sie bleibt wirklich und bedeutungsvoll. Beständig kehren Worte wieder wie dolce mondo, dolce vita, dolce lume. Die Begegnenden – auch und gerade die Verlorenen – bitten Dante, er möge ihnen von der Erde berichten, sagen, ob die Ihrigen noch leben, wie es ihnen geht, und wie ihr Werk oder ihre politische Sache steht. Er möge der Verstorbenen auf Erden gedenken, damit irgend etwas von ihnen noch in der Welt weiterlebe. Besonders wichtig ist die Steigerung des Gedenkens, der Ruhm. Er bildet die geistige Strahlung, welche der Wert des Menschen in die Geschichte weitersendet, und wird auch im Jenseits anerkannt – so sehr, daß zum Beispiel die Großen des Altertums um ihres ruhmvollen Daseins willen die Auszeichnung eines besonderen Lebens im limbus patrum erhalten. In Geltung bleiben auch die Werte der Wissenschaft, Philosophie und Dichtung, siehe u. a. wiederum die Großen im Limbus. Es bleibt die Größe des Schicksals; ein eindringliches Beispiel dafür bildet der Bericht über das Schicksal der Francesca da Rimini (Inf. 5). Der Wert des großgebauten Lebens und der mächtigen Persönlichkeit bleibt auch dann noch anerkannt, wenn er infolge der negativen Lebensentscheidung einer verlorenen Existenz zugehört, siehe die Weise, wie von Farinata degli Uberti geredet wird (Inf. 10). Es bleiben die Werte der Freundschaft und der Liebe; in geradezu überströmender Weise sich offenbarend bei der Begegnung mit Casella, dem Jugendfreund aus Florenz (Purg. 2,76ff). Ja wir begegnen *2 Dazu: Erich Auerbach, Dante als Dichter der irdischen Welt, 1929, S. 18ff, 79f. | ||
| < | Seite 80 | > |