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seinen Herrn und Schöpfer empörte Dasein (1,5). „Offenbarung“ bedeutet nun, daß Gott in diese Welt eintritt; daß Er zu den Menschen kommt, bei ihnen ist, zu ihnen spricht, mit ihnen handelt und ebendadurch sich ihnen kundtut. Das geschieht grundlegenderweise durch den Bund vom Sinai, samt allem, was ihn vorbereitet. Es geschieht weiter dadurch, daß Gott sein Volk auf der Wanderung durch die Wüste führt und regiert; daß Er Jerusalem zu seiner Stadt, den Tempel zu seiner Wohnung erwählt und das Königtum über sein Volk in Anspruch nimmt. Mit alledem sind keine Allegorien, sondern Wirklichkeiten gemeint. Wie es geschehen könne, daß der Überräumliche und Allgegenwärtige, alles Tragende und Durchwirkende „komme“, „weile“ und „handle“, ist zwar begrifflich nicht auszudrücken; die Tatsache aber, daß es geschieht, ist es, was die Offenbarung charakterisiert und sie von natürlicher Religiosität wie von bloßer Philosophie unterscheidet. Freilich bildet diese Tatsache auch den Anlaß zum Ärgernis schlechthin, sobald der Mensch nicht bereit ist, im Gehorsam des Glaubens über seine unmittelbaren Maßstäbe hinauszugehen. Wenn wir ein metaphysisches Gleichnis brauchen dürfen: Gott steht an sich jenseits alles dessen, was „Welt“ heißt. Auch wenn Er sie durchwohnt und durchwaltet, ist Er doch immer „auf der anderen Seite“, in der Enthobenheit seiner Souveränität. Nun „kommt Er herüber“. Das geschieht in fortschreitender Weise durch alle Jahrhunderte der alttestamentlichen Offenbarung hin, bis es sich in der Menschwerdung erfüllt. Da tut Er das Ungeheure, wovon in so mächtigen Worten der Philipperbrief spricht, daß „Er, der in Gottesgestalt war, die Gottgleichheit nicht als einen Raub ansehen mußte [den man zu Unrecht besitzt und daher ängstlich festhält], sondern [als Wesenseigentum, das man nicht verlieren kann, und also] sich selbst entäußerte, indem er die Knechtsgestalt annahm und im Verhalten wie ein Mensch erfunden ward“ (2,5–7). Der Mensch gewordene Gott ist nun in einem letzten Ernst „bei uns“. Ohne daß Er aufhörte, der ewige Sohn des Vaters zu sein, ist Er unser Bruder und | ||
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