Romano Guardini Online Konkordanz
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und blühet und traget Frucht, denn nicht lange mehr, und es kommt der Tag des Herrn ...«
So tönt es all die Wochen hindurch, immer drängender. Eine Sehnsucht bricht da aus Menschenherzen, so groß, daß es ist, als müsse sie Gott überwältigen und erzwingen, was sie will. Bis dann am Tage vor Weihnachten die Worte auftönen: »Siehe, nun ist die Fülle der Zeiten, da Gott Seinen Sohn auf die Erde gesandt hat ... um Seiner überschwenglichen Liebe willen, mit der Er uns geliebt - morgen sollt ihr Seine Herrlichkeit schauen.«
Und dann ist Weihnachten, und eine glückselige Freude erfüllt uns alle.

2.
ja, eine Zeit der Sehnsucht ist es, in der wir jetzt leben, eine Zeit, da ein Verlangen ohne Grenze und Ende aus Herzenstiefen hervorbricht.
Aber nach was denn? Nach was? Nach dem Erlöser, nach Christi Licht, nach Christi Fülle und Christi Frieden. So rufen es all die vielen Bitten der Kirche.
Aber der Herr ist da! Er ist doch bereits erschienen!
Und doch ruft es und fleht, Er möge kommen, als ob wir noch Heiden wären! Als ob noch Isaias zu den Menschen des Alten Bundes spräche. So heißt es immer: »Komm, Herr, komme zu Deinem Volk.« Was heißt das? Wer ist das?
Kann Er denn gekommen sein und doch nicht gekommen? Kann Er da sein und doch fern?
Kann man besitzen und entbehren und sich sehnen zugleich? ja, das kann man! Und gewiß habt ihr das alle schon gefühlt. Wie man glauben kann an Gott - und doch danach rufen: »Herr, lehre mich glauben!« Wie man wissen kann vom Erlöser - und doch verlangen aus tiefstem Herzen: »Herr, tue mir die Augen auf, daß ich Dich erkenne!« Wie man den Herrn empfangen kann im Sakrament - und doch in hungernder Seele spüren, wie fern Er einem ist. Wie man Christ sein - und doch

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