Romano Guardini Online Konkordanz
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Wenns noch Zeit hätte! Ich denke nämlich daran, sobald ich die Examensgeschichten hinter mir habe, mit Privatdozenten Dr. Krebs*372 hier eine kleine Sammlung mittelalterlicher opuscula herauszugeben, um so in die Gedankenwelt des Mittelalters einzuführen. Das wäre etwas dafür! Entweder Parallelausgaben latein + deutsch oder letzteres allein. Es ist freilich erst noch ein Plan, weiß nicht, ob was daraus wird.*373
Den Federeraufsatz*374 schick mir; ich will ihn, wenn er für die histor.-politischen Blätter paßt, dort einsenden. Und auch die Predigt, ja! Über Saitschick hab ich nichts mehr gehört. Erschienen ist es*375, aber Dir offenbar noch nicht zugesandt. Wie gefällt Dir ­Herkes Arbeit über das Problem des Ausdrucks bei Hebbel?*376 Und der Raabe?*377
Deine Bedenken über den Parsifalaufsatz verstehe ich gut; es sind die gleichen wie bei D. M. Sehr leicht ists, daß ich auf den Text und die Erinnerung an die Aufführung etwas anderes hingebaut habe. Allein mir ist, als ob Wagner hier doch über alles frühere hinausgewachsen sei.
Hier auch den Artikel. Vieles darin erinnert mich an Hefele. Fast meine ich, er stamme von ihm. - Diese aesthetisch-weltfern-kontem­p­lative Deutung von Beuron kenne ich wohl; ich mag darüber nicht richten, hab sie selbst lang als Hauptfarbe in meinem Beuron-Bild gehabt.*378 Das ist anders geworden, seit dem letzten Mal, seit den Gesprächen mit Dir und P.*379 Und auch, seit mir die beuroner Kunst nicht in ihren echten Werken, aber als Schule und Richtung problematisch geworden ist. Allmählich geht mir auf, daß das Wesentliche des Benediktinischen nicht in den Dingen der Form, sondern in der Anerkennung des absoluten Primats der Seele vor allen Zwecken und Gütern außer ihr ist, (und zwar jeder einzelnen Seele.) Daß der Vater ganz für jedes einzelne Glied der Familie lebe; der einzelne für die Familie und diese für ihn. Es ist weiter,
372 Krebs, Engelbert (4.9.1881, Freiburg/Breisgau, bis 29.11.1950, ebd.), kath. Theologe. Werke: Dogma und Leben, 2 Bde., 1921-25 u.a.
373 1919 riet Guardini auch dem Verleger Richard Knies vom neugegründeten ­Matthias-Grünewald-Verlag, eine Reihe mit mittelalterlichen Texten aufzulegen; GF 118f.
374 Heinrich Federer (1866, Brienz, bis 1928, Zürich), katholischer Priester (1893-1899), dann Redakteur und Schriftsteller, hatte bis dahin die Werke vorgelegt: Berge und Menschen (1911); Pilatus; Sisto e Sesto; Jungfer Therese (alle 1913); Das letzte Stündlein des Papstes (1914). Weigers Rezension erschien durch Guardinis Vermittlung in der Kölnischen Volkszeitung 1915; vgl. Br. 52. - Möglicherweise wurde die Lektüre Federers angeregt durch den Aufsatz von Bernhard Achtermann, Heinrich Federer, in: Hochland 11, 1 (1913), 50-67.
375 Offenbar hatte Weiger eine Rezension zu Saitschik (vgl. Br. 43) geschrieben.
376 Zu Herke vgl. Br. 82.
377 Vermutlich eine Anspielung auf Raabes Eulenpfingsten; vgl. Br. 18.
378 Vgl. den (bei M nicht aufgeführten) schwärmerischen kleinen Aufsatz: R. Guardini, Beuroner Madonnen, in: Der Akademiker 2, 7 /1909/1910/, 104-105.
379 P. Placidus Pflumm OSB.

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