Romano Guardini Online Konkordanz
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des Gebens fühlbar, die mit unserem Wirtschaftsleben und Konsumbetrieb zusammenhängt und die Ursprünglichkeit zerstört - denken wir nur an die wilde Schenkerei zu Weihnachten. Nein, was das allgemeine Gefühl bestimmt, ist nicht Bitten und Geben, sondern das Anmelden von Rechten und deren organisierte, von Behörden überwachte Einlösung. Und was darauf antwortet, ist nicht Dank, sondern die Quittung die Sache sei in Ordnung.
Daran ist freilich auch etwas sehr Gutes: daß nämlich die Dinge sachlich, nach zweckmäßig durchdachter Ordnung vor sich gehen, und das Persönliche nicht dort hineingezogen wird, wo es nicht wirklich hingehört. Auch das wachsende demokratische Bewußtsein von der personalen Würde aller Menschen wirkt mit; das Gefühl, was Sache richtiger Ordnung sei, dürfe nicht dem Bitten-Müssen und gnädigen Gewähren überlassen, sondern soziale Notstände müßten in gemeinsamer Bemühung überwunden werden. Dadurch droht aber die Gefahr, daß das Lebendige verschwindet, was die Worte »Bitten« und »Danken«, »Geben« und »Empfangen« meinen.
Schlimmer als das: als Maß für die menschlichen Beziehungen droht sich das Bild des Apparates durchzusetzen. Das soziale Ganze und sein Leben erscheinen als ein Gefüge von Funktionen, in dem es nicht um Bitte und Dank - ja vielleicht nicht einmal mehr um eigentliche Rechte und Pflichten - geht, sondern um ein zweckgemäßes Funktionieren. Im Maße diese Vorstellung wirksam wird, ist natürlich für Dank kein Raum mehr.
Versuchen wir, diese langsam entschwindende Tugend zu Gesicht zu bekommen. Fragen wir, was gegeben sein müsse, damit Dank möglich werde.
Vor allem eines: Danken kann man nur einer Person. Dank wie Bitte sind nur zwischen einem Ich und einem Du möglich. Einem Gesetz, einer Behörde, einer Versicherung kann ich nicht danken. Ich mag es aus Höflichkeit tun, wenn

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