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geboren in der Taufe, wachsend und sich entfaltend im Fortgang des glaubenden und liebenden Lebens, bildet den Heiligen im paulinischen Sinne. Die erste Zeit, durch welche noch der Ausbruch der Pfingsten seine Wellen warf, ging vorüber, und allmählich veränderte das Wort seinen Sinn. Nicht, daß die Menschen böser geworden wären; die erste Zeit war auch nicht in allem „gut“ – siehe die Apostelgeschichte und die Briefe an die Korinther. Aber sie trug das Bewußtsein des Neuen, des Herausgerufenseins und Angefangenhabens in sich. Allmählich aber wurde das Christsein offiziell. Es nahm den Charakter der normalen Lebensform an. Da verlor sich das Bewußtsein, daß das Christsein als solches heilig sei – in Begriffen, wie dem der heilig-machenden Gnade lebt es noch fort – und die Vorstellung entstand, heilig sei der Mensch, in welchem jenes Neue, Andere, von oben Kommende entscheidend zum Durchbruch gelangt, ja den Charakter des Außergewöhnlichen annimmt. Heilig ist für das unwillkürliche Empfinden nun nicht so sehr das christliche Dasein selbst und als solches, die Gottesfamilie, die Gemeinde, die Kirche und der gläubig in ihr Lebende, als vielmehr der herausgerufene Einzelne, der aus ungewöhnlicher Begnadung und heroischem Wagnis das offenkundig ist, was die Vielen nicht mehr zu sein scheinen. Das aufrüttelnde Zeugnis für das Leben aus Christus; der Vorstoß dieses Lebens in die Welt hinein, auch in die christliche Welt, die es mit ihrer Durchschnittlichkeit zu verleugnen scheint – das ist nun mit dem Wort „der Heilige“ gemeint. Dieser Heilige ist nicht gleichbedeutend mit dem religiösen Genie. Er ist nicht der ungewöhnlich begabte homo religiosus, sondern der unbedingt Gott Liebende. Der, in dessen Dasein das „ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebt in mir“ zur heroischen Form gelangt. Allerdings, er ist auch ein religiöses Genie. Die religiöse Begabung, welche die lebendigste und zugleich problematischste der menschlichen Möglichkeiten darstellt, hat bei ihm eine ungewöhnliche | ||
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