Romano Guardini Online Konkordanz
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Nicht ist damit gemeint das banale Bewußtsein des ­­nächst-ge­- ge­benen engen Erfahrungsbereiches, der sog. gesunde Menschenverstand; sondern das innerste Wissen um die elementare Grundtatsache der Wirklichkeit, die Ehrfurcht vor ihr, das Realitätsgefühl...
Dies Bewußtsein ist es, das erst dem theoretischen Denken, Idee und Theorie Kraft, Sinn, Unantastbarkeit gibt; dem empirischen Denken, Tun, Schaffen Sicherheit, Spannung, Ehrfurcht -
Ohne es verliert die Idee und Theorie die innere Kraft, wird matt, spielerisch; das Forschen verliert d. Ernst.
- oder aber d. reine Denken erlaubt sich Übergriffe und das konkrete Denken wird phantastisch, das Wollen Willkür, das Tun wird Spiel.
Im letzten Grund ist Wahrheit nichts als das Zurgeltungkommen der Wirklichkeit im Denken; Gutheit das Zurgeltungkommen der [W.?] vor dem Willen; Vollkommenheit im Schaffen und Tun.
E. Gegensatzlehre als Theorie des Wirklichkeitsfassens, als Heuristik für die Wirklichkeit nach Fülle und Einheit.

Wesen des Liturgischen stimmt's?
Vor allem ist Liturgie Darstellung, Darstellung der Heilstatsache, des Reiches Gottes (als der Vereinigung des Geschöpfes mit Gott in Christus). So der Gegensatz zur Theologie, die die theoret. Behandlung dieser Tatsache ist, zur Lehre...
Es ist also ein Kriterium des liturgischen Wesens, ob wirklich der Gegenstand dargestellt ist, oder über ihn gesprochen wird. (Darstellende Antiphon*305 oder über die Sache redende) Somit ist sie Kunst.
Dann aber ist sie auch keine Kunst, denn Kunst stellt im Vorgestellten dar, im Ideellen. In der Lit. aber ist Wirklichkeit. Die Wirklichkeit der gegenwärtigen Heilstatsache macht das liturgische Kunstwerk zur wirklichen Liturgie; sie füllt mit dem Bewußtsein, vor dem wirklichen Heil zu stehen in der Gegenwart Gottes.
Lit. ist also Wirklichkeit.
Endlich ist sie nicht angeschaute, anzuschauende Wirklichkeit, sondern zieht in sich hinein, öffnet ein neues Leben, wirkt das innere Leben, wird zum eigenen, innerst gesuchten Heilsleben. In ihr antwortet der Heilstatsache im eigenen Herzen die Heilstatsache des Objektiven Reiches Gottes, beides strömt in eines, und das eine antwortet dem anderen, weckt das andere, bestätigt das andere, gibt ihm Zeugnis.

305 Liturgischer Wechselgesang.

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