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Möglichkeit und Grenzen der Gemeinschaft I. Ist es nicht so, daß das Wort "Gemeinschaft" für jeden, der die letzten, sagen wir, zwanzig Jahre wach und hingabefähig miterlebt hat, eine Geschichte umschließt? Eine Geschichte von tiefen Erfahrungen, schönen, aber auch schweren; von Erfüllung und Enttäuschung zugleich? Was nun hier folgt, möchte diese Geschichte, die sich in Vielen zugetragen hat, deuten; möchte die Weisheit aus ihr ziehen, damit das Durchlebte nicht verloren sei; verloren in die Resignation, mit welcher der klug Gewordene auf Traum und Idealismus noch wirklichkeitsfremder Jugend zurückschaut. Damit ist aber auch gesagt, daß hier etwas vorausgesetzt wird: eben die Erfahrung jener Geschichte, jenes Willens zur Gemeinschaft. Das Wagnis also, wirklich geglaubt zu haben, daß Gemeinschaft möglich sei; wirklich die Türen des Ich aufgemacht, und das "Wir" nicht nur gesagt, sondern auch getan zu haben. Fehlt diese Erfahrung samt ihrem Adel und ihrer Torheit, dann wird das, was hier dargelegt werden soll, zu einer dürren, herzsparenden Klugheit. Die aber ist wahrlich nicht gemeint. Vielmehr soll versucht werden, jenen Glauben, der vielleicht an sich irre wurde, auf höherer Ebene sich selbst zurückzugeben. Dazu muß aber erst jene Erfahrung zugelassen, durchgelebt und auf ihren Sinnkern hin durchgereift sein. Das Leben hat mehrere Ebenen seines Baues und Verlaufes. Es kann nicht in einem einzigen, gleichsam einlinigen Urteilsakt erkannt werden, sondern nur in mehreren, gegensätzlich gestellten; in Spannungsfiguren. Ebensowenig wie es in einer einziggerichteten Bewegung gelebt werden kann; daher die scheinbaren Widersprüche im Leben des wahrhaft lebendigen Menschen. So steht es auch hier. Durch jene erste Erfahrung war die Lebensbewegung auf die Gemeinschaft hingegangen; | ||
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