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Gerechtigkeit

Von der Gerechtigkeit soll nun die Rede sein.
Das Wort hat einen hohen, aber auch tragischen Klang. Schöne Leidenschaft hat sich an ihm entzündet; edelste Großmut ist um seinetwillen geübt worden - aber an wie viel Unrecht erinnert es auch; an wie viel Zerstörung und Leid! Die ganze Geschichte der Menschheit könnte man unter der ]Überschrift erzählen: »Der Kampf um die Gerechtigkeit« ... In der Bergpredigt, den Seligpreisungen, steht ein Wort Jesu, das die Größe, aber auch die ganze Tragik dessen ausspricht, worum es da geht. Es lautet: »Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden. « (Mt 5,6) Der das Wort ausspricht, ist kein weltferner Idealist, sondern jener, von Dem das Evangelium sagt, daß Er »wußte, was im Menschen ist« (Joh 2,25). Er hat hier im Bilde die Gerechtigkeit mit jenem Trieb verbunden, bei dem es um Sein und Nicht-Sein des körperlichen Lebens geht, dem Hunger und dem Durst. So elementar ist im Herzen des Menschen - des rechten Menschen; jenes, den Jesus »selig« nennt - das Verlangen nach der Gerechtigkeit, wie das Hungern und Dürsten in seinem leiblichen Leben. Wie furchtbar also die Entbehrung, wenn es keine Erfüllung findet. Doch einmal, So lautet seine Verheißung, wird es »gestillt« werden.
Nun meint zwar Jesus mit dem Wort »Gerechtigkeit« etwas, das seinen vollen Sinn erst aus der Offenbarung empfängt: das Gerechtsein vor Gott, die Gnade der Vergebung und Heiligung *2. Um aber nahezubringen, was das ist, verbindet Er den

*2 Darüber das Nachwort zu den Meditationen am Ende des Buches.

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