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Auch ein Bild kommt morgen oder übermorgen an Dich; ich habe es sehr lieb, »die heilige Genoveva beschützt Paris«*215. Ist nicht ein Stück weltumfassender und weltbehütender niemals versagender caritas darin? Zugleich solch wundervolle Einfachheit, aber gesättigt von tiefem Gehalt! Wie Du willst, für Dich oder Dein Mütterchen. Auf Bitten eines Studenten habe ich einen Vortrag in der Freistudentenschaft*216 zugesagt. Ich will darüber sprechen, welches die Grundlagen der Sicherheit sind, aus der wir uns selbst oder etwas was wir haben, anderen anvertrauen, m. a. W. die Grundlage der Sicherheit in den sozialen Beziehungen.*217 Ich werde ausführen, daß es zuletzt weder die psychologische Rechnung ist, noch die Rücksicht auf die sozialen Machtfaktoren von öffentlicher Autorität, Sitte, Recht - sondern die Überzeugung, daß dieselben absoluten Gesetze und Werte, die mein Inneres (sittlich) beherrschen auch das des anderen bestimmen. Also nicht blindes Risico, auch nicht mechanisch errechnete Gewißheit, sondern Vertrauen und Treue. Hoffentlich gelingt mirs; es sind meist Nichtkatholiken. Wenn der Vertrag etwas wird, soll er Dir zugehören. Die Photographien sind nicht besonders gelungen.*218 Die lichtempfindlichen Blätter (Films) waren sehr empfindlich, und so habe ich sie durchweg zu stark belichtet. Hier lege ich einiges bei. Von den Abzügen des Bildes v. Tante Margret gib ihr eines. Grüße sie herzlich! Hast Du die Kassette bekommen?*219 Bitte nun noch um die Mitteilung, welches die Adresse von Zoepf ist. Herzliche Grüße an Dein Mütterlein, und Herrn Knöpfler, Empfehlung an Herrn Stadtpfarrer, Deinen Kollegen und Herrn Praezeptor - In Treuen Dein Romano. 215 Nicht erhalten. 216 »Freistudentenschaft«: Vereinigungen nichtkorporierter Studenten ab dem späten 19. Jahrhundert, zunächst um die Interessen aller Studenten auf der Basis freier Wahlen zu vertreten, beschränkte sie sich mit der Zeit auf die Vertretung der Nichtkorporierten; unterstützte bedürftige Studenten und forderte Reformen des Hochschulwesens. Die Gruppe in Freiburg hieß: »Freie Vereinigung katholischer Studenten«; nach Gerner II, 3 hatte Guardini im WS 1912/13 bereits drei Vorträge gehalten); im SS 1913 sprach er zweimal: »Student und Weltanschauung« und »Wie trete ich an ein Kunstwerk heran?«; im WS 1913/14 über »Die Bedeutung des Vertrauens in der Gesellschaft«. Das letztere Thema scheint also - abweichend von Gerners Angabe - bereits im SS 1913 gehalten worden zu sein. 217 Veröffentlicht als: Die Grundlagen des Sicherheitsbewußtseins in den sozialen Beziehungen, in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland 152 (1913), 687-702 (M 4). 218 Guardini legte sich schon früh einen Photoapparat zu; aus der Berliner Zeit hat sich erhalten ein Apparat der Firma Ernemann, Berlin; Nachlaß von Erich Görner (Sekretär Guardinis der Berliner Zeit). 219 Die Kassette sollte der Aufbewahrung der Briefe dienen; vgl. Br. 30. | ||
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