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Schweigen Das Leben des Menschen vollzieht sich zwischen dem Schweigen und dem Sprechen; der Stille und dem Wort -Pole, die den in der Meditation über die Sammlung bedachten verwandt sind. Man sagt wohl, das Wort sei »geistig«; aber das trifft nicht zu; es ist menschlich. In ihm erreicht jene Einheit von Stoff und Geist, die »Mensch« heißt, ihre höchste Verfeinerung. In dem Ton, den der Atem durch die Schwingungen von Kehle und Brust bildet, drückt der Redende aus, was er innerlich meint. Zuerst hat er es in sich, denkt es, fühlt es. Aber es ist verborgen. Dann gibt er es in das aus Ton und Geräusch geformte Gebilde, und dadurch wird es dem Hörenden offen. Dieser versteht das vom Redenden Gemeinte, kann antworten, und es entfaltet sich das Gespräch. Wunderbar ist das, ein großes Geheimnis. Wer es verstünde, hätte den Menschen verstanden. Und lassen wir es uns nicht durch naturalistische Plattheiten zerstören, die das Wort vom Ausdruckslaut des Tieres ableiten wollen. Dieser Laut mag noch so unmittelbar Schrecken oder Schmerz oder Lockung oder was immer ausdrücken: durch alles das ist er noch nicht Wort. Das entsteht erst, wenn das Tongebilde einen Sinn mitteilt, der vorher gedacht worden ist, eine Wahrheit. Dazu ist aber nur der Mensch fähig, denn nur in ihm ist personaler Geist. Wenn ein Tier, das mit dem Menschen lebt, dergleichen zu tun scheint, dann täuscht das. Was es zu hören gibt, ist keine Mitteilung, sondern ein - oft sehr komplizierter - »Ausdruck«. In die Schwingungen des Lautes eine Wahrheit des Lebens, der Wissenschaft, der Frömmigkeit zu legen, vermag nur der Mensch. Das Wort ist die eine Grundform menschlichen Lebens; die andere ist das Schweigen, und es ist ein ebenso großes | ||
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