Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 175> 



Die Lebensalter und die Philosophie
Aus einer Ethikvorlesung

Meine Damen und Herren!
Sie waren sehr freundlich, und ich darf wohl diese Freundlichkeit mit dem morgigen Datum in Verbindung bringen; so danke ich Ihnen dafür von Herzen. Ich habe mich mit meinen Hörern an der Universität immer eng verbunden gewußt. In dieser Vorlesung über Ethik habe ich das aber besonders lebhaft empfunden, denn sie bedeutet für mich eine Art Synthese meiner Arbeit überhaupt.
Das drückt sich schon in ihrem Umfang aus. Die erste Lesung hat sich durch sieben Semester hin erstreckt; dann mußte ich sie abbrechen, weil ich mir über die Problematik des letzten Teils nicht klar werden konnte, der von der eigentlich christlichen Sittenlehre handeln sollte. So habe ich im letzten Semester wieder von vorn angefangen, und nun hoffe ich, richtig durchzukommen.
Was ich hier unter "Ethik" verstehe, ist mehr als nur eine Untersuchung des Sollens und Nichtdürfens und der daraus sich ergebenden besonderen Probleme. In ihr geht es mir um eine Deutung des menschlichen Daseins überhaupt, wie sie von der sittlichen Verpflichtung her möglich wird, die auf ihm liegt, und von der Würde, welche diese Verpflichtung ihm gibt. So versuche ich in dieser Vorlesung unter dem ethischen Gesichtspunkt zu sagen, wie das zugeht, wenn der Mensch lebt; in welcher Weise es richtig geht und in welcher falsch.
Ihre lebendige Teilnahme an der Arbeit dieser Vorlesung aber, meine Damen und Herren, macht mich gewiß, daß ihr Anliegen auch Ihnen wichtig scheint.
Doch soll damit meine Antwort nicht zu Ende sein. Mir sind allerlei Gedanken durch den Kopf gegangen - darüber, welche

 < Seite 175>