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Lob des Buches [1951] Vorbemerkung Wie es manchmal zu geschehen pflegt, daß man ganz plötzlich, aus dem Irgendwo des Gemütes, von einem Gedanken berührt wird, so kam es mir, es müsse schön sein, das Lob des Buches zu sprechen. Ja der Gedanke schien mir zu einer Zeit, da so viele Bücherliebende ihre Freunde verloren haben, viele andere aber, die solcher edlen Freundschaft fähig gewesen wären, durch die lange Herrschaft des Ungeistes von ihr ferngehalten worden sind, geradezu ein Auftrag zu sein. So will ich diesen Auftrag annehmen – freilich von vornherein überzeugt, es werde nicht gelingen, die Tiefe des Gegenstandes auszumessen, oder seine Fülle zu meistern, denn je länger ich über seine Natur nachdachte, desto deutlicher wurde mir, daß das Buch ein unerschöpfliches Ding ist. Schier alles, was der Mensch geschaffen hat, läuft in ihm zusammen. Sein eigenes Wesen drückt sich in ihm aus. Ja – ich darf wohl so sprechen, denn jede Lobrede kommt aus einer Art Begeisterung, und der sind Dinge zu sagen erlaubt, die sonst übertrieben klingen würden – das Buch scheint geradezu ein Gleichnis unseres Daseins überhaupt zu bilden, so umfassend ist seine Natur und zugleich so dicht; so welthaft und wiederum so handlich im schlichtesten Sinne des Wortes. So viel hatte ich geschrieben, als ich die Rede verfaßte; in der ersten Zeit nach dem Krieg, als gute Bücher so selten, und die erreichbaren so armselig waren. Heute ist es anders geworden. Viel Wichtiges und Schönes steht wieder zur Verfügung, und man darf auch verlangen, daß es gut gestaltet sei. Es ist aber doch manch einem zu Bewußtsein gekommen, daß es nicht selbstverständlich ist, Bücher zu haben; und wir brauchen ja | ||
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