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Die Neunte Elegie Entstanden am 9. Februar 1922 in Muzot; in ihr eingearbeitet zwei Fragmente aus den Jahren 1912–13. I. Wenn man das Ganze der Elegien überblickt, gewinnt man den Eindruck, die neunte sei jene, die im glücklichsten inneren Gleichgewicht steht, voll Schönheit und Zuversicht. Ein Urteil solcher Art ist natürlich leicht subjektiv. Allein es hat sich behauptet, auch nachdem mir im Lauf vieler Jahre Elegie um Elegie immer wieder durch Geist und Gefühl gegangen ist. Vielleicht bringt die nachfolgende Interpretation den Erweis dafür. Warum, wenn es angeht, also die Frist des Daseins hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig dunkler als alles andere Grün, mit kleinen Wellen an jedem Blattrand (wie eines Windes Lächeln) –: warum dann Menschliches müssen – und, Schicksal vermeidend, sich sehnen nach Schicksal? ... 1–6 Die große Frage: Warum gibt es den Menschen? Worin liegt die Rechtfertigung seines seltsamen Daseins? Wenn zum Beispiel „Leben“ den Inhalt und Sinn des Welt-Daseins bilden sollte – warum muß es dann das menschliche geben? Der Formen des Außermenschlich-Lebendigen, der Tiere und Pflanzen, sind so viele – genügen sie nicht? Der Lorbeer etwa, dessen Erscheinung den Dichter einmal betroffen hat, als er im Süden durch das Gebüsch am Berghang wanderte: das edle Gewächs mit den festen, klar geformten Zweigen, den genau sitzenden Beeren, den kostbar geformten Blättern und ihrem welligen Rand, so daß ihm das schwer zu vollziehende, aber doch so fühlsame Bild einfiel, dieser Blattrand sei „wie eines Windes Lächeln“? Denn die Gesamtform des Blattes, zwischen dessen oberer und unterer Kurve sich die Querlinie der großen | ||
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