Romano Guardini Online Konkordanz
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unterbrochen durch Reflexion über dies Tun. Dadurch kommt in all unser Leben jener eigentümliche Charakter des Unterbrochenen, Gebrochenen. Es fehlt die ihrer selbst sichere große Linie; die aus sich selbst hervorgehende, zuversichtliche Bewegung.
Aber gehen wir noch tiefer. Die Pflanze kann nur wachsen, wenn ihre Wurzeln im Dunkeln sitzen. Nur aus dem Dunkeln heraus kann sie ins Helle wachsen. Das ist die Sinnrichtung des Lebens. Es stirbt, sobald die Wurzel beleuchtet wird. Alles Leben muß in einem Unbewußten gründen, und von dort her ins Bewußt-Helle hinaufsteigen. Ich sehe aber die Bewußtheit immer tiefer an die Wurzel unseres Lebens gehen. Ein Zusammenhang nach dem anderen wird durchschaut; ein Geschehen nach dem anderen in Gesetz gefaßt; der Blick geht immer näher an die Anfangsbereiche des Lebens heran, an die Ursprünge. Die Wurzel des Lebens selbst, das Innerste wird belichtet..
Hält das Leben dies aus? Kann es derart bewußt werden, und lebendig bleiben zugleich?

5. Brief

Lieber Freund!
Ich merke, die Briefe werden anders. Damals, zu Anfang, konnte ich aus der Fülle der Gestalten sprechen, wie sie mich hier umgeben. Nun bin ich in den Bannkreis des Problems geraten. Da kommen die Begriffe, und die sind abstrakt. So aber bleibt es, bis einer die meisterliche Einfachheit gewinnt, die aus Schau und schlichter Lebendigkeit heraus spricht.
Zuletzt schrieb ich von der Bewußtheit unserer Zeit. Es ging

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