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Die liturgische Erfahrung und die Epiphanie
[Die Sinne und die religiöse Erkenntnis, 2. Aufsatz]
[1950]

Die Epiphanie im Alten Testament
In der Heilsgeschichte findet sich ein Vorgang, dessen Sinn für das christliche Leben, wie ich glaube, lange unbeachtet geblieben ist, der aber nun deutlicher hervorzutreten scheint: das ist die Epiphanie.
Wenn wir von der religionswissenschaftlichen Bedeutung des Wortes absehen, dann ist es uns zunächst als Name des Festes am sechsten Januar vertraut. Im Zusammenhang damit bezeichnet es die Tatsache, daß der Herr sich den heidnischen Weisen in Bethlehem, dem Täufer am Jordan und den Jüngern bei der Hochzeit in Kana als Messias kundgetan hat. In unseren Überlegungen hier verstehen wir unter Epiphanie wohl das, was in den genannten Ereignissen geschehen ist, fassen es aber einerseits genauer, anderseits allgemeiner, und zwar als das Erscheinen des Göttlichen in sinnhafter Gestalt.
Aus alter Gewohnheit neigen wir dazu, den Schwerpunkt der Offenbarung in Lehre und Lebensordnung zu legen. Diese Momente sind natürlich von grundlegender Bedeutung; es fragt sich nur, ob sie allein die Fülle dessen auszudrücken vermögen, was „Offenbarung“ heißt. Besonders im Alten Testament – bei genauerem Hinblicken auch im Neuen – sieht man denn auch bald, daß Lehre und Lebensordnung von etwas Elementarerem getragen werden, nämlich dem lebendigen Handeln Gottes.
Die Auflehnung der ersten Sünde hat die Welt in sich zusammengeschlossen und den Menschen in sie hineingebannt. Es ist entstanden, was Johannes „die Finsternis“ nennt, das gegen

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