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Der Mythos und die Wahrheit der Offenbarung [1950] Vorbemerkung Das Wort „Mythos“ ist zu einem Modewort geworden; so wird es in den verschiedensten Weisen gebraucht. Für den positivistischen Historiker sind die Mythen eine mit Bildern statt mit Begriffen arbeitende Vorform des philosophischen Denkens; für die Psychologen sind sie unbewußte, das Seelenleben beeinflussende Bilder; für die Dichter symbolische Gestalten – und so fort, bis zum Sprachgebrauch des Tages, der mit dem Wort „mythisch“ irgend etwas Unbestimmt-Geheimnisvolles bezeichnet. Dieser wirre Gebrauch sollte uns nicht beunruhigen, wenn es sich beim Mythos um etwas Gleichgültiges handelte. Je länger man sich aber mit ihm beschäftigt, desto deutlicher sieht man, wie wichtig er für das Verständnis der Religion, ja des Seelenlebens überhaupt ist. So wollen wir einen genauen Begriff von ihm zu gewinnen suchen, um dann die Frage zu stellen, die uns beschäftigt: wie er sich zur christlichen Wahrheit verhalte? Die Psychologie des primitiven Menschen I. Um die mythische Religiosität zu verstehen, muß man vom Bewußtseinszustand der primitiven Völker ausgehen. Der Zustand unseres neuzeitlichen Bewußtseins ist dadurch gekennzeichnet, daß wir immer wieder aus dem Zusammenhang von Natur und Gesellschaft heraustreten und Abstand nehmen. Von da aus betrachten wir das vor uns Liegende, untersuchen | ||
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