Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 359> 


176.
Brief vom 02.01.1948, Tübingen.
Tübingen 2.1.48
Lieber Josef,
wir haben zu Weihnachten nicht von einander gehört, aber wir haben an einander gedacht, nicht? Hier war es recht einsam; ich habe gesessen, und mir ist mancherlei durch den Kopf gegangen, und bei Dir wird es nicht anders gewesen sein.
Konnte Mina auf sein?*1068 Habt Ihr ein Bäumchen gehabt? Ich wünsche sehr, daß der heilige Abend friedlich und schön war.
In den Tagen nachher wollte ich Euch immer schreiben, aber ich war einfach so müde, daß ich zu nichts Lust hatte. Schließlich habe ich mich sogar drei Tage ins Bett gelegt. Jetzt geht es besser, und ich hole das Versäumte nach.
Laßt Euch noch nachträglich ein gesegnetes neues Jahr wünschen. Wer weiß, was es bringen wird. Gott mag es lenken. Wenn man Zeitungen von draußen liest, kann man sich gar nicht vorstellen, wie da ein Durchkommen sein soll.*1069 -
Das Semester ist nun zu Ende, und damit die eigentliche Tübinger Zeit. Nun fange ich wieder neu an.*1070 Wie verschieden die Form unser beider Leben ist, nicht? Und hat doch wohl jedes sein Gesetz in sich und ist nach seiner Weise, richtig.
Bis zum Umzug möchte ich gern mit den Psalmen fertig sein.*1071 Sie sind jetzt fast alle vom Trierer Alttestamentler*1072 durchgeprüft und ich arbeite sie daraufhin noch einmal genauestens durch. Dann werden sie nicht vollendet sein, aber ich werde aufhören, sonst gibt es kein Ende.

1068 Mina Bärtle war bereits todkrank und starb am 23. April 1948; vgl. den folgenden Br. 177.
1069 Deutschland war noch unter der Kontrolle der Siegermächte, Baden-Württemberg spezifisch unter der sehr strengen französischen Militärkontrolle.
1070 Guardini besprach bereits am 2. April 1947 im Münchner Kultusministerium die Bedingungen für seinen Wechsel an die Universität München auf die neue Professur für »Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie - k. w.« (= »kann wegfallen« - bei Beendigung der Lehre durch Guardini). Beginn der Professur war der 1. April 1948 (Gerner II, 152f.); der Umzug war Ende März 1948.
1071 Guardini hatte von der Deutschen Bischofskonferenz den offiziellen Auftrag zu einer neuen deutschen Psalmenübertragung erhalten. Veröffentlicht als: Deutscher Psalter. Nach der lateinischen Ausgabe Pius' XII. übersetzt von Romano Guardini. Im Auftrag der deutschen Bischöfe, München (Kösel) 1950, 4. Aufl. 1960.
1072 Prof. Dr. theol. Hubert Junker, Universität Trier.

 < Seite 359>