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Das Phänomen der Macht Vortrag bei der philosophischen Zusammenkunft in Gallarate bei Mailand 1962 1. Eines der Worte, die in kulturtheoretischen wie praktisch-politischen Überlegungen unserer Gegenwart am häufigsten auftauchen, ist das der Macht. Nicht ohne Grund, denn die Wirklichkeit, die so heißt, hat ein Maß erreicht, das unsere geschichtliche Situation in besonderer Weise charakterisiert. So ist es sicher nützlich, die Bedeutung des Wortes genau herauszuarbeiten. Das um so mehr, als es in einem vielfachen Sinne gebraucht wird. Man spricht von einem machtvoll ragenden Berge, vom Löwen als einem mächtigen Tier, von der Macht einer Gewohnheit usw. Wir werden also das in dem Worte sich ausdrückende Phänomen von seiner allgemeinsten bis zur eigentlichen Bedeutung zu bestimmen suchen. Bei den verschiedenen Schritten dieser Bestimmung werden sich auch die Probleme andeuten, die in ihm liegen. In einem allgemeinen Sinne bedeutet Macht die Möglichkeit eines Seienden, Wirkung auszuüben. Ihr Phänomen gehört also nicht dem Bereich des substantiellen Seins, sondern dem der Energie und des Aktes an. Sie ruht wohl auf dem Sein, wird von dessen jeweiligen Eigenschaften und Strukturen bestimmt, ist aber nicht mit ihm identisch. In diesem allgemeinsten Sinne hat alles, was ist, Macht, denn jedes Seiende wirkt. Es gibt keine bloße Vorhandenheit. So eng ist Sein auf Macht bezogen, daß, wie uns die Physik sagt, die letzten Bestandteile des Atoms sowohl unter dem Gesichtspunkt statischen Seins wie dem der Energie angesehen werden können. Sie erscheinen je nach dem Standpunkt der Betrachtung sowohl | ||
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