![]() | Treffernummer: |
< | Seite 204 | > |
Isola Vic., Sa. 7.11.53 Ich habe vorhin einige Hefte der Wochen-Illustrierten »Oggi« durchgesehen und bin wieder ratlos über die Schamlosigkeit der heutigen Publizistik. Die Zeitschrift gilt als gut und anständig. (Nebenbei gesagt, war vor einiger Zeit ein längerer Artikel über mich selbst darin.) Vom Standpunkt des Erotischen ist sie es auch – für heutige Maßstäbe. Aber von dem des Personellen! Da werden in ganzseitigen Bildern lange Reihen von ermordeten Koreanern gezeigt, und davor Frauen mit schmerzverzerrten Gesichtern, die ihre Männer wieder erkennen. Oder ein großes Bild zeigt eine zum Tod verurteilte Frau – mit Namen und Umständen –, die von Mann und Kind Abschied nimmt ... und so fort. Was für eine Atmosphäre kommt da herauf! Die Zeit ist nicht fern, in der man einfach um sein Leben wird kämpfen müssen gegen ein Veröffentlichungswesen, das verbrecherischer ist als die alte Raubritterei. Und das Schlimmste wird sein, daß die Veröffentlichten selbst einverstanden sind. München, Di. 11.11.53 Gestern wieder zurückgekommen. Eine Zeit von über fünf Wochen abgeschlossen. Immer wieder fühle ich den Augenblick voraus, in dem es heißen wird: »Alles abzuschließen – nichts mehr«, bis aufs letzte Abschließen und Hindurchgehen selbst. In der Zeit ist manches getan worden. Das Ethikkolleg wird gut, wenn es so gelingt, wie ich es mir in der Disposition gedacht habe. Was freilich die Hörer sagen werden, wenn ich versuche, das Sollen aus dem genuinen Offenbarungssinn abzuleiten? Auch der Akademievortrag ist einigermaßen in Ordnung – obwohl mich immer wieder das Gefühl überfällt, er tauge nichts. Und die andere Angelegenheit – | ||
< | Seite 204 | > |