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Annahme Wenn jemand fragt: ich möchte im sittlichen Leben vorankommen; womit soll ich anfangen? -, dann würde man wohl antworten: Wo du willst. Du kannst bei einem Fehler anfangen, der dir im Berufsleben zu Bewußtsein gekommen ist. Kannst es bei Erfordernissen der Gemeinschaft tun, der Familie, der Freundschaft, wo du ein Versagen festgestellt hast. Oder du hast erfahren, wo dich irgend eine Leidenschaft bedrängt, und mit ihr fertig zu werden suchen. Im Grunde kommt es nur darauf an, daß du es ehrlich meinst und irgendwo entschlossen zugreifst, dann wird Eins ins Andere wirken. Denn das Leben des Menschen ist ein Ganzes; faßt er an einer Stelle mit Entschiedenheit zu, dann weckt das sein Gewissen und stärkt seine sittliche Kraft auch an anderen - ebenso wie ein Fehler an einer Stelle des Lebens sich überall geltend macht. Wenn der gleiche Frager aber weiter drängte: Was bildet die Voraussetzung für jedes sittliche Streben, wenn es wirksam sein, Verkehrtes ändern, Verkümmertes stärken, Einseitiges ausgleichen soll? -, dann würde man ihm, glaube ich, antworten müssen: Es ist die Annahme dessen, was ist; die Annahme der Wirklichkeit; deiner eigenen, der der Menschen um dich her, der Zeit, in der du lebst. Das klingt vielleicht etwas theoretisch, ist aber nicht nur richtig, sondern der besonderen Aufmerksamkeit jedes ehrlich Strebenden wert; denn es ist durchaus nicht selbstverständlich, daß wir das, was ist, auch innerlich, mit der Bereitschaft unseres Herzens annehmen. Nun könnte man wieder Einspruch erheben und sagen: Das sind doch künstliche Dinge. Was ist, das ist, ob man es »annimmt« oder nicht. Ganz abgesehen davon, daß eine | ||
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