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Askese Es hat eine Zeit gegeben, in der über alles, was Askese heißt, nicht nur in ablehnender, sondern in gereizter Weise geredet wurde - als handele es sich nicht nur um etwas Verkehrtes, sondern um etwas Unnatürliches und Beleidigendes. Die Meinung war, »Askese« gehe aus Lebensfurcht und -feindschaft, gar aus unnatürlich verkehrtem Gefühl hervor. In ihr offenbare sich der Haß, den das Christentum gegen die Welt habe; die vergiftete Gesinnung des Priesters, der die lebendige Natur herabsetze, um die eigene Existenz zu bestätigen, und dergleichen mehr. Das war in der Zeit des bürgerlich-liberalen Gedeihens; seitdem ist es damit doch wohl anders geworden. Wer sehen wollte, hat gesehen, was es mit dem »Lebensdienst« auf sich hatte. Trotzdem weckt das Wort immer noch Gegengefühle; so lohnt es sich, zu fragen, was es eigentlich meine. In dem Widerstand gegen die Askese kam vieles einfach aus dem Wunsch, einen Freibrief für die Bellebigkeit des Triebes zu haben. Darin wirkte aber auch ein falscher Begriff vom Leben; genauer gesagt, von der Weise, wie es wächst und fruchtbar wird. Wie steht es mit dem Leben der Natur? Man vergleicht ja den Menschen gern mit ihr, wenn man für etwas Raum schaffen will, was dem Geist Christi widerspricht. Wie geht da »Leben« vor sich? Wie wächst und entfaltet sich ein gesundes Tier? Indem es seinen Trieben folgt. Dann wird alles richtig, denn genaue Instinkte wachen darüber, daß nichts einen falschen Weg laufe. Wenn das Tier satt ist, frißt es nicht mehr. Wenn es ausgeruht ist, bleibt es nicht unnötig liegen. Drängt der Fortpflanzungstrieb, dann genügt es ihm; ist die Zeit vorbei, dann schweigt der Trieb. Die Weise, der Typus, wenn | ||
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