Romano Guardini Online Konkordanz
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sich; es sucht freie Luft und geborgenen Grund. Aber was hilft ihm das? Kann Leben lebendig bleiben in diesem System?

7. Brief

Lieber Freund!
Wir sind von der See-Mitte im Ruderboot bis an's Ende des Armes von Como gefahren. Über acht Stunden waren wir auf dem Wasser, immer das Ufer entlang mit seinen Ortschaften, seinen Gärten und Villen. Welche Fülle! Da war bei Bellagio die Villa Melzi mit ihrem wunderschönen Garten. Nicht weit von ihr stieg der Viale Glulio zu seiner Villa in breitem Anstieg empor, uralte Zypressen zu beiden Seiten. In einem düsteren Winkel des Sees, ganz schweigend, die Villa Plinlana, ich glaube, aus dem 16. Jahrhundert. Ihre Loggia fällt steil ins Wasser ab. Ihr zur Seite gewaltige Zypressen, und sie selbst ist erfüllt von ewigem Rauschen einer Quelle - denn diese Quelle, einst von Plinius beschrieben, ist die eigentliche Herrin des Hauses. Köstlich in den See hinaus gelagert, ganz von Sonne umflossen, die Punta del Balblanello.. Und so immer weiter. Edles Werk, von edler Menschlichkeit getragen, und ein Menschentum in ihm möglich, das sonst nicht atmen kann.
Wir sprachen über das alles, mit einer Freude, in der Bitterkeit war, und ein Ausgeschlossensein. Da sagte mein Bruder: "Das alles ist nun vorbei. Es kann nur sein, solange Wenige sind, die es genießen. Kunst kann nur sein für Wenige. Sobald die Masse kommt, geht sie zugrunde". Ich habe mich dagegen gewehrt, und sehe nun noch klarer, was an dem Wort unrichtig war. Aber niederdrückend viel Richtiges ist daran! Echte Kultur -

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