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Ein Gutes hatte aber jene Zeit: aus alter Tradition war Sonntags um 18 Uhr eine Predigt, die der Kaplan zu halten hatte. Dort habe ich zum erstenmal den Vorteil des Themenzyklus entdeckt und ihn nachher, wo ich nur immer konnte, angewendet. Im Frühjahr 1913 ging ich nach Freiburg, um zu promovieren. Was die Freiburger Zeit für mich bedeutet hat, erzähle ich anderswo; zu seelsorglicher Tätigkeit hatte ich dort keine Gelegenheit. Jeden Morgen hatte ich die heilige Messe zu lesen; das geschah, wie im »Collegium Sapientiae« üblich, in irgend einem der zahlreichen Klöster oder kirchlichen Institute. In diese Zeit fiel, wie ich schon gesagt habe, der Tod von Frau Schleußner. Um Prof. Schleußner, der bis ins Innerste erschüttert war, abzulenken, begleitete ich ihn auf einer Fahrt durch verschiedene Orte Deutschlands, vor allem aber nach Neiße in Schlesien. Dort lebte ein alter Geistlicher, Dr. Adolf Kluge, mit dem er sprechen wollte. Im gleichen Neiße war aber auch das Knabenkonvikt, dem Dr. Bernhard Strehler, einer der Gründer des Quickborn und später Leiter von Burg Rothenfels, vorstand. Das Konvikt wurde ganz aus dem Geiste des Verstehens und Vertrauens, der Selbständigkeit und Freiwilligkeit geführt, und es hat auf mich einen meine ganze pädagogische Arbeit bestimmenden Eindruck gemacht. Doch darüber in anderem Zusammenhang mehr. Im Jahre 1915 wurde ich promoviert und ging wieder nach Mainz zurück. Diesmal für fünf Jahre. Während dieser Zeit habe ich drei Stellen inne gehabt, wie denn überhaupt mein Kaplansleben ziemlich unstet gewesen ist. Das war zunächst Prinzip, denn man hielt es für richtig, die Kapläne oft zu versetzen, sei es, damit sie durch das immer neue Sichablösen und Weiterwandern Gehorsam lernten und in den verschiedenen Verhältnissen Erfahrungen sammelten, sei es, damit sie nicht allzu festen Fuß faßten und Schwierigkeiten mit den Pfarrern entstünden. Diese Vielzügigkeit steht | ||
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