Romano Guardini Online Konkordanz
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wichtigste Wirkung auszuüben, sondern auf ihm liegt der Charakter der Hoheit, und diese findet ihren Ausdruck im Gebot: »Gedenke, daß du den Tag des Herrn heilig haltest.«Das ist wahr und soll in keiner Weise angetastet werden. Waren aber Verkündigung und Unterweisung auch hinreichend bemüht, die Werte des Sonntags herauszuarbeiten und sie überzeugend darzustellen? Ist der Herrentag dem heutigen Menschen mit seinem Leben in Beziehung gesetzt worden, wie es wirklich ist, so, daß er sich verstanden fühlte und die Hilfe sah, die ihm daraus erwächst? Oder mußte er das Sonntagsgebot als etwas empfinden, das aus einer vergangenen Welt kam und der seinigen auferlegt wurde? Waren Unterweisung und Praxis hinreichend bemüht, zu zeigen, wie man den Sonntag mit wertvollen und Freude schaffenden Momenten erfüllen könne? Oder wurde der Glaubende mit dem Gebot allein gelassen, so daß seine Fähigkeiten des Erfindens und Gestaltens versagen mußten, und er den Tag im Wesentlichen als etwas Negatives empfand?
Der Leser versteht gewiß, daß es uns hier nicht um bloße Kritik geht. Wer selbst vor der Aufgabe gestanden hat, weiß, wie schwer es ist, eine Verbindung zwischen dem Feiercharakter des Sonntags und den gegebenen durchschnittlichen Verhältnissen zu schaffen. Die Fragen sollten zu einer Selbstprüfung anregen, ohne die der Kampf um den Sonntag auf die Dauer vergeblich bleiben muß.



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