![]() | Treffernummer: |
| < | Seite 168 | > |
Vater ist z. Z. in Bern. In München mußte er an der dortigen Versammlung der Konsulatsbeamten teilnehmen und erhielt dann die Weisung, Deutschland zu verlassen.*463 Wir haben aber die Hoffnung, daß eine Rückberufung erreicht wird. Jedenfalls ist die Sache unsicher und wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, daß es definitiv bleibt. In letzterem Fall [?]*464 bleiben im Herzen und nichts Morsches drin haben. Und heißt: sich selber treu bleiben.« Sie, die über diese Dinge nur mit sich selber hat sprechen können, hat ein Bewußtsein von der Eindeutigkeit und Unveränderlichkeit und dem Recht ihres inneren Seins (quello che sono, sagt sie oft) daß ihr alles von außen Kommende wie Flugsand erscheint. Und wiederum so bescheiden und gering über sich denkend. - »Mein Schmerz ist so groß wie die Welt, und ist immerfort da, (perenne) « sagte sie kürzlich. »Aber das ist etwas Heiliges für mich. Deshalb seh ich nicht ein, warum ich trübselig sein soll. Und im Haus laß ich keinen Augenblick die Zügel locker.« Wen sie einmal lieb hat, der mag ruhig sein. Und wenn sie noch so scharf seine Fehler sieht. Nicht nur ihr Wille, ihr Herz ist treu, ihr ganzes Sein. Freilich, wers mit ihr verdorben hat, moralisch, mein ich, das ist auch bleibend. Dabei bekennt sie sich mit einer wahrhaft erquickenden Natürlichkeit zu jeder natürlichen Regung der Abneigung, der Furcht, und was sonst ist. Aber jetzt ists genug. Ich könnte noch lang so forterzählen. Auch meinen Vater lerne ich immer mehr verehren. Von dem schreib ich Dir ein andermal. Nun bitte ich noch um die Adresse des Malers, an den das Crucifix gehen soll. Hab sie vergessen. Es ist fertig. Meinst Du, daß die Nachricht über unsere Sorgen D. M. bedrückt? Dann schicke ihr den Brief nicht, und ich schreibe extra noch ein mal. Hätte noch sehr viel zu sagen. Aber muß Schluß machen. Behüt Gott! Romano. 8.6.15. Du sagtest in Deinem Briefe, wenn Du Mutter kenntest, würdest Du ihr schreiben. Willst Du es nicht tun? Sie ist für jedes Zeichen der Teilnahme in dieser Lage sehr empfänglich. 463 Guardinis Vater hatte gegen den Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg protestiert und mußte daraufhin sein Amt als Generalkonsul in Mainz aufgeben und Deutschland verlassen. Er hielt sich bis 1918 auf neutralem Boden in der Schweiz, dann bis September 1919 in Italien auf und starb wenige Tage nach der Rückkehr nach Mainz. 464 Hier fehlt eine Passage im Brief. Das unterbrochene Zitat und die folgende Beschreibung beziehen sich auf die Mutter Guardinis. | ||
| < | Seite 168 | > |