Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 105> 


[] der christlichen Dreieinigkeit. Den Eros aber setzt es mit dem Heimverlangen des gottgeschaffenen menschlichen Herzens nach seinem Ursprung gleich und versteht dessen Aufstieg zum Wahren und Guten als ascensus mentis in Deum. Dem gegenüber bricht immer wieder das Bestreben durch, Platon "rein platonisch" und "griechisch", das heißt aber entschieden nicht-christlich zu deuten. Der Zusammenhang ist unendlich verwickelt: ihn aufzurollen hieße nicht nur, die Geschichte des abendländischen Denkens, sondern auch Empfindens darzustellen. Vielleicht ist überhaupt keine entschiedene Antwort möglich. Der Fehler besteht wohl darin, das griechische Denken überhaupt in eine, sei es positive sei es negative, direkte Beziehung zum Christlichen zu setzen. In Wahrheit steht es vor der Entscheidung, welche beide Möglichkeiten enthält; christlich ausgedrückt, im Advent. Erst wenn es vor Christus gelangt, kommt die Entscheidung. Wenn es also nicht erlaubt ist, dieses Stehen im Advent schon als christlich zu bestimmen, dann aber ebensowenig, es als heidnisch im heutigen Sinn zu bestimmen, denn darin bedeutet das Wort etwas anderes, als es einst bedeutet hat, nämlich die Absage an Christus. Auch darf nicht vergessen werden, daß Platon seine Urphänomene selbst noch nicht in ihrer letzten Konsequenz sieht. Sie sind, möchte man sagen, im Zustand der Knospe. Der Begriff des Guten, wie Platon ihn hat, ist kein fertiger Begriff; so fordert er jeden, der an ihn gerät, heraus, ihn zu Ende zu denken. Das Gleiche gilt von den Ideen. Das Gleiche vom Eros und von dessen Ausgangspunkt im Menschen.
Endlich darf noch etwas weiteres nicht vergessen werden: Daß nämlich durch den Einstrom der nordischen Erlebniswelt und Denkweise in die Geistesgeschichte Faktoren eingetreten sind, die es in der griechischen Welt noch nicht gibt, die wir Heutige aber niemals ausschalten können.




 < Seite 105>