Romano Guardini Online Konkordanz
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in die Sache, legte ich eben diese Sache mir selbst laut dar. - Mir selbst? Nein doch! Nicht mir selbst! Es war auch kein Selbstgespräch! Ich legte dar. Einfach zur Sache! Volle Einsamkeit war um mich. Alle Zuhörerschaft, in irgend einem organischen Sinne des Wortes verschwunden. Ich allein, vor einem Apparat, mit einem zu behandelnden Gegenstande. So war's!
Und dann kam noch Etwas herauf ... Im Maß ich ganz ruhig wurde, ganz allein, ganz in die Sache gesammelt, daß sie richtig und sauber dargelegt werde, trat aus dem lautlosen, gestaltlosen, alle organische Du-Form verschlingenden "Draußen", aus der stummen Tiefe wie ein großes, lauschendes "Es" hervor. Nicht das, wohin der Sprechende zum gefüllten Saal hin Verbindung sucht. Auch nicht das "Volk", oder die "Menschheit", als Adressaten organischer Verknüpfung. Sondern etwas Anderes. Ein eigentümlich Anonymes; ein Hörendes, das jenseits aller organischen Gestaltungen stand. Ein großes, lauschendes Es.
Ja, und da, zwischen jenem lauschenden Es, das im weiten Rund-Raum lautlos offen stand, und mir, redend in meiner Einsamkeit - dazwischen war ein noch nicht erfahrenes Verhältnis des Ich-Du. Ich, wie ich für mich allein vor dem Apparat da war, und jenes Es, sie forderten einander gegenseitig. Sie gehörten zusammen.
Und nun sieh: Als ich dieses Verhältnisses inneward, wußte ich: Das ist die Ebene, auf der die neue Welt wird. Die Ebene, auf welcher das Denken und Handeln, und die Gestaltungen dessen geschehen, was jetzt wird. Du hast die "Briefe aus Italien" gelesen. So verstehst Du, was ich meine.
Und ich erfuhr eine seltsame Bestätigung. Kurz vorher hatte ich das achte der Bauhaus-Bücher (L. Moholy-Nagy, Über Malerei, Photographie und Film) durchgesehen. Die Formen darin, die Richtung, wohin Bild und Wort gingen, hatten mir wohl gesprochen; im Letzten waren sie aber doch fern geblieben. Nun, von jener Erfahrung aus, verstand ich sie.
Laß Dich herzlich grüßen.




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