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Houston Stewart Chamberlain einen sehr langen Artikel, der die Ueberschrift »Ideal und Macht« trägt und mit der in glühenden Tönen gehaltenen Lobpreisung einer von einem Vertreter der »schweren« Industrie herausgegebenen wirtschaftlichen Broschüre beginnt. Weder diese Schrift noch Herrn Chamberlain's Ansichten darüber interessieren uns hier. Wohl aber finden wir Anlaß, aus dem Artikel, der, von seinem Phrasenschwulst entkleidet, auf die Verherrlichung einer ganz bestimmten, von der Reichsregierung abgelehnten Politik hinausläuft, die folgende Stelle abzudrucken: »Die Gaben und Willenskraft Bismarcks in Ehren; doch was diesen Eigenschaften die übermenschliche Gewalt verlieh, war sein Verwurzeltsein in einem idealen Jenseits. Wirkte er kraftvoller als andere in und auf dieser Welt, so darf nie übersehen werden, welchen Anteil hieran dem beständigen Bezug auf die Pflicht gegen Gott. dem felsenfesten Vertrauen auf ein anderes, besseres und - wie er es nennt - ?verklärtes? Leben zukommt. Nicht bloß dutzende, nein hunderte von Hinweisen auf diesen Zusammenhang finden wir in seinen Reden, Briefen, Gesprächen. ?Nehmen Sie mir diesen Glauben, und Sie nehmen mir das Vaterland?, spricht der große Mann unter dem Donner der Kanonen von Paris, und er setzt hinzu: ?Gottes wegen muß ich meine Schuldigkeit tun.? Wie wird unsereiner von den Schakalen in Berlin und Frankfurt angeheult, wenn er von einer ?Bestimmung des Deutschtums? zu reden wagt; und doch bekennt Bismarck: ?Wenn ich nicht an eine göttliche Ordnung glaubte, welche diese deutsche Nation zu etwas Gutem und Großem bestimmt hätte, so würde ich das Diplomatengewerbe gleich aufgeben oder das Geschäft gar nicht übernommen haben.? So sehen die praktischen Männer in Deutschland aus, wenigstens die echt deutschen unter ihnen. Das Ideallose ist undeutsch. Alle die nüchternen Politiker unter uns, die sich viel auf ihre Objektivität, auf ihre Mäßigkeit, auf ihren Tatsachensinn einbilden, die Finanz über die Strategie stellen und Kompromisse über Entscheidungen, sie alle wirken lediglich sterilisierend; sie töten die größte Kraft der Welt, die jeder Ziffernrechnung spottet und stets noch das Unmöglich möglich gemacht hat: die gewaltige Kraft des flammenden deutschen Idealismus, des Verwirklichers aller ?praktischen? Gedanken Gottes.« Wir geben diese Stelle wieder, nicht um die belanglosen Meinungen des Herrn Houston Stewart Chamberlain zu erörtern, sondern um eine völkerpsychologische Bemerkung daran zu knüpfen: Wieder und wieder kann man feststellen, wie der Deutsche doch der langmütigste und toleranteste unter den Menschen ist. Auch in England gibt es schriftstellernde Renegaten, darunter mehrere Ueberläufer aus Deutschland. Diese | ||
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